Der Sachverständige behauptet, der Betroffene leidet unter einem Beinbruch obwohl er den Betroffenen nie untersucht hat. Der Richter weist den Betroffenen in ein Krankenhaus ein. Er kommt an und kann normal gehen. Er legt dem behandelnden Arzt ein Röntgenbild vor, kein Zeichen eines Beinbruchs ist darauf sichtbar. Vorsichtshalber lässt der Arzt ein weiteres Röntgenbild anfertigen, auch hier kein Zeichen eines Beinbruchs. Der Arzt informiert den Richter, dass wohl ein Fehler unterlaufen wäre. Der Betroffene geht nach Hause.
So verhält es sich in der „normalen“ Welt, in der „normale“ Kranke behandelt werden.
Es gibt auch eine andere Welt. In dieser behauptet ein Sachverständiger, der Betroffene leidet unter einem Wahn, obwohl er den Betroffenen nie untersucht hat. Rein aufgrund der Aktenlage. Der Richter weist ihn in die forensische Psychiatrie ein. Das Benehmen des Betroffenen ist nicht auffällig. Er wirkt vollkommen normal. Er legt ein Gutachten von einem Sachverständigen vor, der ihn auch tatsächlich untersucht hat. Das Gutachten bestätigt, dass der Betroffenen unter keinen psychischen Störung leidet. Der Betroffene fühlt sich bestätigt und bezweifelt dass er einen Wahn hätte. Daraufhin meint der behandelnde Psychiater: „Sie sind nicht krankheitseinsichtig! Sie müssen hierbleiben, bis sie zugeben, dass sie einen Wahn haben und sich behandeln lassen!“ Anfangs sieht der Betroffene das nicht ein.
Die Jahre kommen und gehen und er sitzt noch immer in der Psychiatrie. Bis er eines Tages entscheidet, bei diesem Spiel mitzuspielen, bevor er den Rest seines Lebens hier verbringt. Gleich geht er zum Psychiater. „Okay, okay. Ich leide doch unter einem Wahn! Kann ich jetzt nach Hause gehen?„, sagt er hoffnungsvoll. „Oh, nein!„, erwidert der Psychiater, „So einfach ist das nicht. Sie haben uns jahrelang belogen. Deswegen müssen sie den Rest ihres Lebens hierbleiben, damit wir sie behandeln können.„
So also ist der Maßnahmenvollzug § 21 Abs 1 StGB.
Anmerkung der Redaktion
Wir veröffentlichen regelmäßig Berichte und Reportagen von Untergebrachten aus dem Maßnahmenvollzug. Die Meinung der Autor*innen deckt sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion. Die Beiträge werden gekürzt und redigiert aber nicht inhaltlich verändert.