Psychiatrische PatientInnen werden unnötigen Gefahren ausgesetzt und psychiatrische MitarbeiterInnen werden vermehrt mit Gewalt konfrontiert.
Mit deutlichen Worten kritisiert der der Vorstand der ÖGPP (Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik) die Regierungsvorlage: „Psychiatrische PatientInnen werden unnötigen Gefahren ausgesetzt, forensische PatientInnen erhalten nicht die nötigen Therapien und psychiatrische MitarbeiterInnen werden vermehrt mit Gewalt konfrontiert. Dieses Nicht-Funktionieren würde letztlich auch die Risiken für die Bevölkerung erhöhen.“
Psychisch Erkrankte, die schwerwiegender Taten gegen Leib und Leben oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung anderer beschuldigt werden, wurden bisher in spezialisierten Einrichtungen für den Maßnahmenvollzug behandelt. Der vorliegende Gesetzesentwurf ermöglicht nun, dass diese PatientInnen künftig an psychiatrischen Abteilungen von öffentlichen Krankenanstalten verpflichtend aufgenommen werden müssen.
Die derzeit gültigen und vorliegenden Planungsgrundlagen des Gesundheitssystems berücksichtigen den psychiatrischen Versorgungsbedarf einer Region, nicht aber die psychiatrische Versorgung von Straftätern. Bei Umsetzung der Regierungsvorlage muss befürchtet werden, dass die räumlichen und personellen Strukturen der allgemeinpsychiatrischen Abteilungen für andere psychisch Kranke nicht mehr ausreichend vorhanden sein werden.
Für die in der Psychiatrie tätigen MitarbeiterInnen ergibt sich dadurch eine erhebliche Mehrbelastung. Der aktuelle Mangel an Pflegepersonen ist auch in psychiatrischen Krankenhausabteilungen zu bemerken. Eine zusätzliche Belastung durch die Aufnahme forensischer PatientInnen an allgemeinpsychiatrischen Abteilungen würde eine Abwanderung von Pflegepersonen aus der Psychiatrie zur Folge haben.
Die forensische Psychiatrie ist heute ein hochspezialisiertes Fachgebiet innerhalb der Psychiatrie mit elaborierten Methoden zur Prognosestellung und Behandlung. Die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten sind an allgemeinpsychiatrischen Abteilungen nicht in ausreichendem Ausmaß vorhanden. Die Sicherung, Anhaltung und Überwachung der im Rahmen des Maßnahmenvollzugs an allgemeinpsychiatrischen Abteilungen zu behandelnden PatientInnen ist völlig ungeklärt. Dadurch entsteht ein erhebliches Gefährdungspotential sowohl für andere PatientInnen als auch für MitarbeiterInnen.
In Allgemeinkrankenhäusern sind neben psychiatrischen Abteilungen auch Abteilungen für Innere Medizin, Geburtshilfe, Kinderheilkunde und andere medizinische Fachgebiete. Da die psychiatrischen Stationen an Allgemeinkrankenhäusern häufig offen geführt werden, hat dies zur Folge, dass deren PatientInnen manchmal auch unerlaubt die psychiatrische Station verlassen. Wenn nun Straftäter, die schwerwiegende Taten gegen Leib und Leben oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung anderer Menschen begangen haben, in diesen psychiatrischen Stationen aufgenommen werden, erhöht dies das Risiko auch für die PatientInnen anderer Krankenhausabteilungen wie zum Beispiel der Geburtshilfe oder der Kinderheilkunde.
Die gesamte Stellungnahme der ÖGPP finden Sie hier.
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