Hier der Bericht über die Plenarsitzung des Nationalrats zur Reform des Maßnahmenvollzug. Die Materialien dazu finden Sie hier.
Beginn der Debatte um 12:34 Uhr
Selma Yildirim (SPÖ) begrüßt die Änderungen der Begrifflichkeiten, stellt aber die Sicherheit allen voran. Sie gibt zu bedenken: zur Zeit sind 1400 Personen im Maßnahmenvollzug, 950 Menschen sitzen laut einer Expert*innengruppe zu Unrecht im Maßnahmenvollzug. Das müssen wir uns vorwerfen, sie sind auf unbestimmte Zeit weggesperrt. Es fehlt an Vorsorge an budgetären Mitteln. Nach 50 Jahren Stillstand ist nicht der Durchbruch gelungen. Außerdem wirft sie der Justizministerin Vermischung von psychisch Kranken und terroristischen Rückfallstäter vor. Daher bringt Yildirim einen Entschließungsantrag zur Umsetzung der Zerbes-Kommission ein.
Agnes Sirkka-Prammer (GRÜNE) widerspricht der Vorrednerin von Grund auf. Sie sieht einen großen Schritt den Maßnahmenvollzug zu modernisieren. Die Grundidee war die passende Behandlung und dann die Eingliederung in die Gesellschaft. Es dürfen keine Menschen in die Maßnahme kommen, die dort nicht hingehören. Jene die dort arbeiten brauchen die richtigen Methoden um mit diesen Menschen umzugehen, das wird noch kommen. Die Zugangsbestimmungen werden jetzt neu gestaltet. Es wird genau überprüft, ob die Personen dort noch sein müssen. Die Änderungen bei den Rückfalltätern ist nur eine zusätzliche Qualifikation für Terroristen. Was wir hier machen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Harald Stefan (FPÖ) hat eine andere Meinung als die Vorrednerin. Hier sollen Kosten von der Justiz ins Gesundheitssystem verlagert werden. Es erscheint wichtiger Menschen aus dem Maßnahmenvollzug in die Psychiatrie zu bringen um Kosten zu sparen. Es gibt auch kein „Auffangnetz“ für Menschen die entlassen werden. Auch die abgegebenen Stellungnahmen sind kritisch. Er kritisiert auch, dass Jugendliche nach 15 Jahren entlassen werden. Bei den Übergangsbestimmungen, werden Personen auf die das zutrifft, sofort entlassen werden. Man sieht es sind einige Fehler passiert. Positiv ist, dass es strengere Regelungen bei Terroristen gibt. Da stimmen wir zu, verlangen aber eine getrennte Abstimmung.
Michaela Steinacker (ÖVP) betont, dass der Maßnahmenvollzug 50 Jahre alt ist und jetzt modernisiert wird. Sie erklärt, was der Maßnahmenvollzug ist und meint, anders als die Vorredner*innen, dass die fachgerechte Behandlung sichergestellt wird. Psychologen können dann auch Gutachten erstellen. Es handle sich um ein schwieriges Thema, denn diese Menschen haben eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass neue Straftaten getätigt werden. Es wurde jahrelang darüber beraten wie reformiert werden soll. Sie bedankt sich bei den Psycholog*innen und allen Menschen die in diesem Bereich arbeiten. Abschließend erläutert sie noch die neue Regelung des § 23 StGB für die Sicherungshaft von Terroristen. Auch die Finanzierung für die Haftanstalten ist gesichert.
Johannes Margreiter (NEOS) begrüßt, dass die Bezeichnungen die nicht mehr gängig sind, geändert werden. Die Bezeichnung beginnt aber schon früher, denn Maßnahmenvollzug ist aber schon ein falscher Begriff. Er erläutert das Verfahren zur Unterbringung im Maßnahmenvollzug. Bei der Anordnung zur Maßnahme, machen wir einen Blick in die Zukunft ob der Täter wieder straffällig werden könnte. Das ist mein Hauptkritikpunkt. Aus der Praxis weiß ich, dass in der Forensischen Anstalt in Hall in Tirol Verbesserungsbedarf notwendig ist. Die Gutachten brauchen Verbesserungen um zu richtigen Einschätzungen zu kommen. Die Gutachter gehen auf Nummer sicher und damit wird das Gegenteil nie bewiesen. Es wäre sehr wichtig, die Anforderungen an die Gutachten und die Qualifikation der Gutachter zu erhöhen. Man könne die Schweiz als Vorbild nehmen, dort entscheiden Gremien aus verschiedenen Fachgruppen zum Maßnahmenvollzug. Deswegen stimmen wir hier nicht zu.
Alma Zadic (Grüne) meldet sich zu Wort und freut sich, dass der Maßnahmenvollzug im 21. Jahrhundert ankommt. Ein mutiger Schritt der Bundesregierung sei es, wurde doch Österreich bereits zwei Mal vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt. Die Reform erfolge auf zwei Etappen. Jetzt werden die Einweisungskriterien geändert, der zweite Teil der Reform bei dem es um die Behandlung geht, baut auf den ersten Teil auf und wird gerade ausgearbeitet. Sie erklärt, dass die Einweisungsvoraussetzungen treffsicherer werden. Gefährliche Menschen sollen weiterhin untergebracht werden, gerade bei minderschweren Delikten sollen solche Menschen nicht mehr lebenslang hinter Gittern kommen. Ein Meilenstein ist auch die Änderung bei Jugendlichen, bisher wurden sie wie Erwachsene behandelt. Nun gebe es Sonderregelungen für Jugendliche. Auch begrüßt sie die Änderungen der Begrifflichkeiten. Beim Maßnahmenvollzug für Terroristen wird der bestehende § 23 StGB geändert und sie erklärt die Voraussetzungen. Gerichte sind hier gefordert den Einzelfall genau anzusehen, damit die Eingewiesenen die richtigen Deradikalisierungsmaßnahmen und Betreuung erhalten. Sie bedankt sich bei allen, die mitgeholfen haben.
Johanna Jachs (ÖVP) erläutert, dass die Zahl der Untergebrachten stark angestiegen ist. Wir haben genau hingesehen und wägen genau ab. Die Strafschwellen wurden angehoben, zentral sei auch die Neuregelung für jugendliche Rechtsbrecher. Im Strafverfahren müssen die Gutachter immer anwesend sein, die Begutachtung soll auch jährlich überprüft werden. Die Qualität der Gutachten ist auch sehr wichtig, im zweiten Teil der Reform soll etwas folgen.
Harald Troch (SPÖ) betont, dass der Maßnahmenvollzug menschenrechtswidrig abgelaufen ist. Es kann zu lebenslangen Anhaltungen kommen. Die Regierungskoalition feiert dass 50 Jahre Stillstand beendet sind, er hält die eigene Regierungsvorlage vor. Es gab bereits 2015 eine Ministerialvorlage die weiter ging und das hätte man übernehmen können. Die Sicherheit und die Grund- und Freiheitsrechte müssen gewahrt sein. Es braucht mehr Mittel für den Maßnahmenvollzug. Auch für Gutachter und Gutachten. Es fehlt auch an Therapeuten. Es gibt Mängel bei der Nachbetreuung und auch das Netzwerk Kriminalpolitik bemängelt die Vorlage.
Nikolaus Scherak (NEOS) freut sich nicht über die Reform. Sebastian Kurz würde sich freuen, weil er sich die Sicherungshaft gewünscht hat. Niemand würde verstehen, wieso der § 23 StGB um die Terroristen erweitert wird, trotz aller Kritik. Skurril ist auch, dass es sich um eine Anlassgesetzgebung handelt. Der Anlass wieso wir überhaupt die Sicherungshaft diskutieren, war das Attentat in Wien. Es wäre zu verhindern gewesen, wenn der Verfassungsschutz ordentlich gearbeitet hätte, ein Behördenversagen. Das Attentat in Wien wäre mit der neuen Regelung nicht verhinderbar gewesen. Und das sei vollkommen fakten- und sinnbefreit.
Sabine Schatz (SPÖ) verweist auf die Vorredner*innen der SPÖ und geht auf die Überarbeitung bei jugendlichen Straftätern ein. Es fehlt ein kinderrechtlicher Fokus. Besonders sensibel sind freiheitsentziehende Maßnahmen für Jugendliche. Es bräuchte eigene betreute Wohneinrichtungen und zugeschnittene Begleitmaßnahmen. Es braucht auch eigene Kinder- und Jugendpsychiater.
Philipp Schrangl (FPÖ) meint, dass der Maßnahmenvollzug nicht vor 50 Jahren stehengeblieben ist. Es gibt engagierte Mitarbeiter in den Justizanstalten die Fortschritte betreiben. Bei allem Verständnis für die sprachlichen Anpassung dürfe man nicht vergessen, dass es sich um verurteilte Straftäter und nicht um Patienten handelt. Es brauche mehr Personal, sonst wird diese Reform am Maßnahmenvollzug nichts ändern. Er werde genau schauen, wie die Belagszahlen in Asten und anderen Einrichtungen sind. Die FPÖ stimmt dagegen.
Christian Drobits (SPÖ) hält fest, dass die SPÖ nicht zustimmen wird. Er sieht Reformbemühungen, aber die Ergebnisse der Arbeitskreise wurden nicht umgesetzt. Dieses Gesetz ist nur ein kleiner Schritt. Positiv sei, dass im Jugendgerichtsbereich Änderungen durchgeführt wurden.
Alma Zadic (Grüne) meldet sich nochmals zu Wort und geht darauf ein, dass für die Betreuung heuer 40 Millionen Euro extra eingeplant wurden. Überall fehle es an Fachpersonal, nicht nur in der Justiz. Wir arbeiten am zweiten Teil, dem Maßnahmenvollzugsgesetz.
Ende der Debatte um 13:40 Uhr