Oppositionsanträge zum Jugendstrafvollzug wurden unter Hinweis auf laufende Gesetzesvorhaben vertagt.
Bereits seit längerer Zeit fordert SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim unter Verweis auf eine im internationalen Vergleich ausgesprochen hohe Inhaftierungsrate von Jugendlichen in Österreich Alternativen zur Haft von jungen Menschen. So sollten ihrer Meinung nach zusätzliche Jugendkompetenzzentren geschaffen werden, deren Schwerpunkte in den Bereichen Lernen und Entwicklung mit konstanten Bezugspersonen liegen. Yildirim kritisiert vor allem die im Gewaltschutzgesetz 2019 enthaltenen Verschärfungen für junge Erwachsene ( 897/A(E)). Aus Sicht von SPÖ-Abgeordneter Petra Bayr ist der Antrag weiterhin aktuell, da sich die nach wie vor bestätige, dass die Auflösung des Jugendgerichtshofs im Jahr 2003 langfristig negative Folgen für den Umgang mit jugendlichen StraftäterInnen habe.
Für Christian Lausch (FPÖ) ist der Antrag hingegen größtenteils überholt, da Österreich unterdessen bei der Inhaftierungsrate von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr niedrige Zahlen aufweise. Er stimme aber zu, dass sinnvolle Alternativen zu Haftstrafen für Jugendliche, wie der durch eine Fußfessel elektronisch überwachte Hausarrest, sinnvoll wären. Lausch plädierte auch dafür, die Zunahme von Straftaten von 12- bis 14-Jährigen nicht außer Acht zu lassen. Hier müsse die Strafjustiz stärker aktiv werden können. Da das Problem oft in den Familien der Kinder liege, sollte sowohl über eine Herabsetzung der Strafmündigkeit und über die Möglichkeit einer temporären Unterbringung in betreuten Wohngruppen nachgedacht werden.
Aus Sicht von Gudrun Kugler (ÖVP) ist der Antrag veraltet und geht nicht auf die aktuellen Probleme des Strafvollzugs von Jugendlichen ein. Diese gebe es durchaus und würden im Bericht der Volksanwaltschaft „Jugend in Haft“ aufgezeigt. Zu lösen sei etwa die Frage der Ausbildung straffälliger Jugendlicher. Auch brauche man Lösungen für die kleinere Gruppe straffälliger Mädchen. Da das Justizressort aber diese Fragen bereits engagiert bearbeite, sei eine Vertagung des Antrags gerechtfertigt, meinte Kugler.
Johannes Margreiter (NEOS) meinte hingegen, der Antrag sei weiterhin sinnvoll, da die entscheidende Zahl nicht die der Inhaftierten sei, sondern die Höhe der Rückfallquote. Einen elektronisch überwachten Hausarrest als Alternative zur Haftstrafe halte er für sinnvoll.
Einer Herabsetzung der Strafmündigkeit wurde in der Diskussion von den anderen Fraktionen eine Absage erteilt. Wichtig sei es gerade junge Straftäter:innen intensiv zu begleiten und ihnen die Chance der Wiedereingliederung zu geben, sagte Gertraud Salzmann (ÖVP). FPÖ-Abgeordneter Lausch stellte klar, es gehe ihm nicht darum, Kinder und Jugendliche einzusperren, sondern die Voraussetzung für ein früheres Eingreifen der Justiz zu schaffen. Dem hielt Sirkka Prammer (Grüne) entgegen, dass bereits jetzt die Justiz in Gestalt der Pflegschaftsgerichte die Möglichkeit des Eingreifens besitze und daher die Einbeziehung der Strafgerichte nicht notwendig sei. Sie sehe ebenfalls bereits intensive Überlegungen des Justizressorts, zu den angesprochenen Probleme, die zweifellos gelöst werden müssten.
Bundesministerin Alma Zadić bestätigte, dass die Zahl der inhaftierten Jugendlichen tatsächlich gesunken sei. Ihr Ressort habe bereits vor der Veröffentlichung des Berichts der Volksanwaltschaft eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit Verbesserungen des Strafvollzugs befasse. Dabei gehe es unter anderem um die Zukunft der Jugendstrafanstalt Gerasdorf, deren Neukonzipierung die Volksanwaltschaft anrege. Was die Neugestaltung des Strafvollzugs betreffe, so stehe sie dem verstärkten Einsatz der Fußfessel offen gegenüber, sagte die Justizministerin. Einer Herabsetzung der Strafmündigkeit könne sie allerdings nichts abgewinnen.