Heute wurde am Landesgericht für Strafsachen ein Polizeibeamter freigesprochen, dem exzessive Gewaltanwendung während eines Einsatzes zur Identitätsfeststellung vorgeworfen wurde. Das Gericht befand, dass das Handeln des Beamten weder einen vorsätzlichen Missbrauch seiner Befugnisse darstellte noch das zulässige Maß an Gewalt überschritt. Dieser Freispruch ist allerdings noch nicht endgültig.
Die Entscheidung stieß auf heftige Kritik der Staatsanwaltschaft, insbesondere wegen des Vorwurfs der Voreingenommenheit gegen den leitenden Richter. Die Staatsanwältin legte umgehend eine Beschwerde wegen Nichtigkeit ein, da sie dem Richter vorwarf, das Urteil bereits im Vorfeld verfasst und lediglich verlesen zu haben, ohne eine angemessene Beratung mit den Schöffen durchgeführt zu haben. Ihre Entrüstung über diese Praxis brachte sie deutlich zum Ausdruck, bevor sie den Gerichtssaal verließ.
Der Fall drehte sich um einen Vorfall am Rande eines Polizeieinsatzes wegen eines Mordes, bei dem der angeklagte Polizist, ein seit 2015 im Dienst befindlicher 34-jähriger Beamter, einem am Boden liegenden Mann übermäßige Gewalt anwandte. Der Einsatz wurde durch Videoaufnahmen dokumentiert, die die gewalttätigen Handlungen festhielten und öffentlich gemacht wurden, was den Polizisten statt des Opfers auf die Anklagebank brachte. Hier können Sie den ersten Prozesstag nachlesen.
Der Verteidigung zufolge handelte der Polizist im Rahmen seiner Dienstpflichten und glaubte, richtig zu handeln, insbesondere da der Vorfall in unmittelbarer Nähe eines Mordtatorts stattfand. Der Polizist äußerte, er habe gehandelt, um eine mögliche Bedrohung durch den am Boden liegenden Mann zu neutralisieren, der sich hätte befreien und nach einer möglicherweise vorhandenen Waffe greifen können.
Der Richter und die Schöffen betrachteten die Videoaufnahmen zwar als bedenklich, sahen jedoch keine hinreichende Beweislage für einen Amtsmissbrauch oder eine unrechtmäßige Körperverletzung durch den Angeklagten. Das Verhalten des Polizisten wurde als „gerade noch vertretbar“ im Rahmen seiner dienstlichen Befugnisse bewertet.
Parallel dazu hatte bereits eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien Erfolg, welche die Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahme feststellte. Der Rechtsanwalt des betroffenen jungen Mannes plant nun, Schadenersatzansprüche zu stellen, was die Diskrepanz zwischen der verwaltungsrechtlichen Beurteilung und der strafrechtlichen Bewertung des Falls unterstreicht.