Als Information zur kommenden Nationalratswahl im Herbst haben wir den Justizsprechern der antretenden Parteien jeweils sieben Fragen zum Straf- und Maßnahmenvollzug gestellt. Hier die Antworten.

Anmerkungen der Redaktion: Die Antworten sortierten wir in der Reihenfolge des Eintreffens. Von der ÖVP und der Bierpartei erhielten wir leider keine Antworten auf unsere Fragen.

Die Fragen wurden beantwortet von:

Fotos (C) Alic: KPÖ, Prammer: Grüne – alle anderen: Parlamentsdirektion/PHOTO SIMONIS

Zum Strafvollzug

KPÖ: Es braucht mehr von allem: mehr Geld, mehr Platz durch mehr Fußfesseln oder ähnliche Maßnahmen wie die Vermeidung von Untersuchungshaft und mehr Personal. Letzteres kann gelingen durch positive Berichterstattung über den Beruf als wertvollen Beitrag und Dienst an der Gesellschaft. Das Berufsbild muss richtiggestellt werden: es handelt sich nicht um Henkersknechte, sondern viel mehr um Pädagogen. Die Bezahlung spielt zwar eine Rolle, vor allem aber sollte man die Dienstzeiten flexibler gestalten können. Hier gilt es, den negativen Kreislauf zu durchbrechen: weniger Dienst ist nur mit mehr Personal möglich.

FPÖ: Zur Entspannung der Lage in den Justizanstalten ist es unbedingt notwendig, dass die ausländischen Insassen ihre Haft in der Heimat, egal ob in der EU oder in einem Drittstaat, absitzen. Knapp 54% der Insassen sind keine Österreicher. Wenn nur die Hälfte der ausländischen Insassen ihre Haft in der Heimat absitzen würden, wäre das eine finanzielle und personelle Entspannung, die den Justizbediensteten und auch den Insassen nützen würden. Jeder Hafttag kostet das Justizministerium und daher den Steuerzahler 162 Euro pro Insasse.
Die EU gibt das Verhältnis „ein Justizwachebeamter zu zwei Insassen“ vor. In Österreich ist das Verhältnis besorgniserregend auf 1:4 angestiegen. Zu diesem Verhältnis kommt verschärfend hinzu, dass nicht alle Planstellen aufgefüllt/besetzt sind.

Grüne: Wir Grüne haben nach Jahren des Stillstands und der Mangelverwaltung endlich die Probleme im Straf- und Maßnahmenvollzug angepackt und ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, die Unterbringungskriterien im Maßnahmenvollzug reformiert, und das Budget und die Planstellen im chronisch unterfinanzierten Strafvollzug massiv aufgestockt.
Darüber hinaus hat Alma Zadić eine Personalrekrutierungskampagne gestartet, um sicherzustellen, dass die Haftanstalten über ausreichend qualifiziertes und motiviertes Betreuungspersonal verfügen, um den Insass:innen Therapie-, Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten anzubieten. Diese Angebote sind deshalb so wichtig, weil sie die Resozialisierung der Insass:innen erheblich erleichtern. Neben der Präventionsarbeit zur nachhaltigen Bekämpfung der Ursachen von Kriminalität ist auch der Ausbau von Haftalternativen, wie zum Beispiel die elektronische Fußfessel, notwendig, um die Haftanstalten und forensisch-therapeutischen-Zentren zu entlasten.

SPÖ: Die Mängel im Maßnahmenvollzug sind seit Jahren bekannt. Wir haben dazu zahlreiche parlamentarische Anfragen eingebracht, die das bestätigen.
Das Justizministerium muss endlich dafür sorgen, dass genügend Personal zur Verfügung steht. Es reicht nicht, Menschen einfach wegzusperren. Es braucht ein entsprechendes therapeutisches Angebot.
Die Herausforderungen im Maßnahmen-, aber auch im Strafvollzug steigen. Gute Arbeitsbedingungen sind zentral und bedingen ausreichend Personal, damit auch Urlaub konsumiert und keine übermäßigen Überstunden angehäuft werden.

NEOS: Haftstrafen sind durch den Ausbau der Möglichkeit des elektronisch überwachten Hausarrests zu reduzieren. Im Bereich des Maßnahmenvollzugs zeigt sich, dass es nicht ausreichend ist, einfach die Bezeichnung von „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“ in „Forensisch-therapeutische Zentrum“ zu ändern, wie dies mit dem ersten Teil der Maßnahmenvollzugreform geschehen ist.
Die Art der Unterbringung insbesondere von unzurechnungsfähigen Personen, die einen strafrechtlichen Tatbestand verwirklicht haben, entspricht nach wie vor nicht den durch die EMRK vorgegebenen Standards. Es wird in der kommenden Legislaturperiode daher insbesondere notwendig sein, echte forensisch-therapeutische Zentren aufzubauen.
Zudem hat Österreich im internationalen Vergleich einen sehr hohen Anteil an Personen im Maßnahmenvollzug. Bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse fordern Verbesserungen in der psychischen Versorgung, die Verwirklichung von Straftatbeständen hintanhalten. Verbesserungen sind auch im Gutachterwesen erforderlich, um einheitliche Kriterien für die Beurteilung des Bedarfs nach einer forensisch-therapeutischen Unterbringung zu gewährleisten.
In der aktuellen Überbelegung müssen kurzfristig die Arbeitsbedingungen für das Personal deutlich verbessert werden, um eine ausreichende Betreuung zu ermöglichen. Eine bessere Verknüpfung mit der Nachsorge bei Entlassung kann überdies rasche Rückfälle verhindern.

KPÖ: Es darf immer mehr sein, den meisten und besten Teil zum Resozialisieren sollte man schon vor der Haft leisten. Vieles scheitert am Personalmangel. Den Menschen in Haft das Gefühl geben, dass sie von der Gesellschaft gebraucht werden, ist eine Möglichkeit, den Einstieg in ein Leben draußen zu erleichtern. Arbeit schafft also auch Selbstwert und nicht nur Möglichkeiten, sein Leben bestreiten zu können. Das Stigma des Vorbestraftsein steht ja nicht nur auf der Stirn des Entlassenen, sondern auch in den Köpfen der Gesellschaft.

FPÖ: Die österreichische Justiz legt viel Wert auf Resozialisierung. Österreich zählt dabei zu den besten Ländern. Resozialisierung gelingt hauptsächlich dann, wenn es auch ein stabiles familiäres Umfeld gibt. Daher ist es auch wichtig, dass Strafgefangene nicht-österreichischer Herkunft in ihren Heimatländern ihre Strafe absitzen. Kaum Sozialisierung findet bei Islamisten statt. Merkbar ist das, wenn diese andere Insassen radikalisieren. Diese Gruppe von Insassen muss separat, ohne Kontakt zu den anderen Gruppen, inhaftiert werden. Hier nützt auch ein stabiles familiäres Verhältnis nichts, da zumeist auch die Familien dem politischen Islam zugewandt sind.
Es gibt Gruppen an Insassen, die aus Ländern und Kulturkreisen kommen, welche die Sozialisierung in der Form, wie wir sie meinen und leben, nicht kennen. Daher würde jede Resozialisierung, so wie es wohl in der Frage gemeint ist, ins Leere gehen, also zum Scheitern verurteilt sein.

Grüne: Die Resozialisierung ist ein zentrales Element des Strafvollzugs. Denn die Wiedereingliederung von Straftäter:innen dient nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch der allgemeinen Sicherheitslage in Österreich. Um Straftäter:innen bei der Resozialisierung bestmöglich zu unterstützen, hat Justizministerin Alma Zadic eine Reihe von Maßnahmen gesetzt: Dazu zählen die Aufstockung des Budgets für den Strafvollzug, zusätzliche Planstellen für die Justizanstalten , die Erhöhung der Budgets für die Bewährungshilfe und der Ausbau der verpflichtenden Männerberatung bei häuslicher Gewalt. Im Bereich des Vollzugs braucht es mehr Mittel für Therapieangebote für Insass:innen, individuelle Vollzugspläne und einen stärkeren Fokus auf das Entlassungsmanagement und die Nachbetreuung.

SPÖ: Es gibt sehr gute Programme. Insbesondere „Neustart“ leistet sehr gute Arbeit. Wünschenswert wäre, dass diese leichter zugänglich sind. Beispielsweise gibt es Menschen, denen ihr problematisches Verhalten bewusst ist und sich für ein Anti-Gewalt-Training interessieren, auch wenn sie nicht verurteilt wurden. Das sollte als Prävention angeboten werden.
Resozialisierung ist ganz wesentlich, denn jemanden einzusperren führt nicht zwangsläufig dazu, dass sich das Verhalten ändert. Es braucht umfassende Betreuung und dafür ausreichend Personal. Das wäre auch volkswirtschaftlich überaus sinnvoll.
Grundsätzlich beginnt die Resozialisierung in der Justizanstalt, hier braucht es ganz dringend mehr Personal und Ressourcen, damit Therapien oder auch Bildung und Berufsausbildung angeboten werden können.

NEOS: Die Rückfallquoten in Österreich sind auch im internationalen Vergleich viel zu hoch. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Qualität des Strafvollzuges und der Rückfallquote. Es ist daher unabdingbar durch ausreichend qualifiziertes Personal und geeignete Infrastruktur (Haftanstalten mit ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten) die Qualität des Haftvollzuges deutlich zu verbessern. Im Übrigen ist die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes in seinem Bericht III-1130 d.B. XXVII. GP zu fordern, der sich insbesondere für die nachhaltige Sicherstellung der Tätigkeit des Vereins NEUSTART ausspricht.

KPÖ: Bauliche Veränderungen, wie Duschen in den Hafträumen, kleinteiligere Abteilungen und Werkstätten, sowie Freizeiträume etc.

FPÖ: Obwohl der Strafvollzug in Österreich grundsätzlich vorbildlich ist, gibt es sicher Bereiche, die verbesserungswürdig sind. Die Einschlusszeiten in den Hafträumen sind grundsätzlich zu lange. Das beruht darauf, dass Arbeitsbetriebe bzw. Werkstätten wegen des akuten Personalmangels oft tagelang geschlossen bleiben. Auch können diverse Freizeitaktivitäten wegen Personalmangel nicht durchgeführt werden. Schuld ist nicht das Personal, insbesondere nicht die Justizwachebeamten, sondern, dass Überstunden nicht ausbezahlt werden oder bezahlt werden, wenn Justizwachbeamte Freizeitaktivitäten nach dem Regeldienst durchführen würden.

Grüne: Der österreichische Strafvollzug orientiert sich an internationalen Standards und genießt weltweit hohes Ansehen. Dennoch stellen hohe Belegungszahlen die Insass:innen und das gesamte Justizpersonal derzeit vor große Herausforderungen. Um die Haftanstalten zu entlasten, hat Justizministerin Alma Zadić ein umfangreiches Bauprogramm gestartet. Darüber hinaus wollen wir im Einklang mit der Wissenschaft Anpassungen im Strafvollzugsgesetz vornehmen, die die Rückfallquote senken und zu einer besseren Resozialisierung der Insass:innen beitragen. Dazu gehören der Ausbau der elektronischen Fußfessel, die Forcierung der bedingten Entlassung und die Verankerung von individuellen Vollzugsplänen auch bei geringeren Strafen, um ein auf die jeweiligen Insass:innen zugeschnittenes Programm zu erstellen.
SPÖ: Viele Justizanstalten sind überbelegt, das führt zu Problemen. Hinzu kommt der Mangel an Personal und dass nicht ausreichend Arbeitsmöglichkeiten für die Häftlinge zur Verfügung stehen. Das müsste längst angegangen werden.

NEOS: Die Haftbedingungen in österreichischen Justizanstalten sind ein wiederkehrendes Thema der Kritik, und es ist dringend notwendig, Reformen durchzuführen, um diese Bedingungen zu verbessern und an internationale Standards anzupassen.
Viele Justizanstalten sind veraltet und bedürfen dringend einer Modernisierung, um menschenwürdige Bedingungen zu gewährleisten.
Sowohl die Justizwachebeamten als auch das nicht-richterliche Personal sind chronisch unterbesetzt. Mehr Personal würde nicht nur die Arbeitsbelastung reduzieren, sondern auch die Sicherheit und Betreuung der Insassen verbessern. Um das zu lösen, braucht es attraktivere Arbeitsbedingungen.
Harte Strafen allein lösen keine sozialen Probleme. Wir müssen mehr in Resozialisierungsmaßnahmen investieren, um Straftäter effektiv in die Gesellschaft zu reintegrieren.

KPÖ: Sehr gute Alternative zur Haft. Jedenfalls sollte man die in Frage kommende Gruppe von Insassen vergrößern und Fußfesseln auch für die Untersuchungshaft nutzen.

FPÖ: Der derzeitige Anwendungsbereich ist ausreichend. Anwendungsmöglichkeiten würden wir bei einer Senkung der Strafmüdigkeit sowie der Deliktsfähigkeit bei Minderjährigen und bei Jugendlichen, die eine Lehr- und Schulausbildung machen, sehen.

Grüne: Der Freiheitsentzug in geschlossenen Einrichtungen darf in einer modernen Gesellschaft immer nur die ultima ratio, also die allerletzte Reaktion auf Vergehen und Verbrechen sein. Deswegen müssen Alternativen zur Inhaftierung in allen Verfahrensstadien ausgebaut werden. Dazu gehört selbstverständlich auch die elektronische Fußfessel.
Alternativen zur Inhaftierung haben neben der Tatsache, dass sie kostengünstiger sind als der reguläre Haftaufenthalt, den Vorteil, dass sie die Resozialisierung von Straftäter:innen trotz Freiheitsentzug meist wesentlich erleichtern. Denn insbesondere die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigkeit und des sozialen Umfeldes können die negativen Folgen der Haft minimieren und tragen so entscheidend zur Verhinderung weiterer Straftaten bei. Wir Grüne folgen den Empfehlungen der Expert:innen und wollen den Einsatz der elektronischen Fußfessel ausweiten, etwa durch eine Erhöhung des Kriteriums der verbleibenden bzw. zu verbüßenden Strafzeit (derzeit max. 12 Monate) – natürlich mit Ausnahmen, wie z.B. in Fällen schwerer Gewalt-, Terror- und Sexualdelikte.

SPÖ: Diese Möglichkeit halte ich für überaus sinnvoll und sie hat sich bewährt. Wir wollen eine Ausweitung auf 24 Monate. Betroffene können dann Arbeit und Wohnung behalten und viel besser resozialisiert werden. Natürlich braucht es auch hier entsprechende Betreuung.

NEOS: Die Möglichkeit des elektronisch überwachten Hausarrests als Alternative zur Haft bietet viele Vorteile, insbesondere in Bezug auf die Entlastung der Justizanstalten und die Förderung der Resozialisierung. Gleichzeitig müssen jedoch technische, rechtliche und soziale Herausforderungen berücksichtigt und adressiert werden, um eine erfolgreiche Implementierung zu gewährleisten.

KPÖ: Personaloffensive. Bauliche Maßnahmen. Elektronisch überwachter Hausarrest (=Fußfessel).

FPÖ: Zuerst benötigt die Justizwache und die Beamten sowie Vertragsbedienstete im Bereich des Strafvollzuges mehr Personal. Mehr Personal bedeutet bessere Betreuung.
Wichtig wäre auch, dass die medizinische Betreuung in die Justizanstalten geholt wird. Denn durch die Ausführungen in Spitäler hat das Justizministerium jährlich fast 90 Millionen Euro an Kosten zu bewältigen. Ein Großteil dieses Geldes sollte in den Justizanstalten in die erweiterte medizinische Grundversorgung (Personal und Ausstattung) gesteckt werden. Die derzeitige medizinische Betreuung in den Justizanstalten ist verbesserungswürdig.

Grüne: Seit Jahren wurde ein „stiller Tod der Justiz“ durch Sparpakete befürchtet. Mit mehrfachen Budgetaufstockungen und zusätzlichen Planstellen für den Straf- und Maßnahmenvollzug ist Alma Zadić die Trendwende gelungen. Diesen Weg gilt es fortzuführen. Denn ein moderner, effektiver, sicherer und humaner Betreuungsvollzug, der auf (Re-)Integration und Rückfallprävention ausgerichtet ist, benötigt selbstverständlich ausreichende Ressourcen. Dazu gehört ein angemessener Personalschlüssel und ein ausreichendes Therapie- und Beschäftigungsangebot. Auf Initiative von Justizministerin Alma Zadić wurde unter anderem ein umfassendes Bauprogramm auf den Weg gebracht. Dieses umfasst den Ausbau der forensisch-therapeutischen Zentren in Asten und Göllersdorf, die Sanierung der Justizanstalt Josefstadt, den Neubau der Justizanstalt Klagenfurt und mit der Justizanstalt Münnichplatz die Errichtung einer neuen Justizanstalt für Jugendliche. Dies ist besonders wichtig. Denn gerade, wenn es um junge Menschen geht, müssen wir im Straf- und Maßnahmenvollzug alles daran setzen, ihre Chancen auf ein straffreies Leben in Zukunft zu erhöhen.

SPÖ: Wie gesagt ist die Ausstattung mit genügend Personal zentral und seit Jahren ein Manko. Hier gilt es zuallererst anzusetzen.

NEOS: Zunächst sollte betreffend der Kosten des Straf- und Maßnahmenvollzugs Kostenwahrheit hergestellt werden. Tatsache ist, dass die Kosten der medizinischen Versorgung der Häftlinge das Justizbudget in sachfremder Weise belasten, zumal die Kosten eigentlich von den Trägern der Sozialversicherung übernommen werden sollten. In Verbindung mit ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten für die Strafgefangenen und einer leistungsgerechten Entlohnung könnten seitens der Strafgefangenen auch Beiträge zur Sozialversicherung geleistet werden.
Im Bereich des Maßnahmenvollzugs ist überdies generell dazu überzugehen, die durch den Maßnahmenvollzug entstehenden Kosten als Behandlungs- bzw. Heilungskosten anzusehen und diese Kosten demgemäß aus der Sozialversicherung abzudecken.
Abgesehen davon gilt es, Einsparungspotenziale v.a. durch Maßnahmen zur Senkung der Belagszahlen (z.B. durch vermehrten elektronisch überwachten Hausarrest) auszuschöpfen.

KPÖ: Information ist nur ein Teil. Diese muss jedenfalls sprachlich aufbereitet werden. Den meisten ist das System nicht fremd, dennoch muss man zum Beispiel Eltern von Häftlingen im Umgang mit Behörden unterstützen. Vieles scheint anfangs grundlos oder schikanös zu sein – da hilft eine einfache Gestaltung der erforderlichen Formulare etc.

FPÖ: Hier empfehlen wir „Neustart“.

Grüne: Die Angehörigen von Gefangenen stehen oft unter großem Druck. Viele leiden unter dem Verlust einer nahestehenden Person, unter Geldsorgen oder Scham. Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft die Angehörigen in dieser schwierigen Phase unterstützen. Auch weil die Angehörigen für die Straftäter:innen eine sehr wichtige Säule bei ihrer Resozialisierung nach der Haft sind. Für den Fall, dass Angehörige durch die Inhaftierung plötzlich in finanzielle Schwierigkeiten geraten, fordern wir daher eine Anlaufstelle, die die Betroffenen berät und unterstützt. Die von uns Grünen geforderte Sozialanwaltschaft könnte eine solche Stelle sein.

SPÖ: Längst überfällig ist eine Unterhaltsgarantie. Vor der Nationalratswahl im Jahr 2017 haben sich alle Parlamentsparteien dafür ausgesprochen. Die beiden Regierungen aus zuerst ÖVP und FPÖ und dann ÖVP und Grünen haben diese wichtige Grundsicherung für Kinder immer noch nicht auf den Weg gebracht.

NEOS: Angehörige stehen oft unter enormen emotionalem und psychischem Druck. Die Besuchsbedingungen in Justizanstalten sollten so gestaltet werden, dass sie den Bedürfnissen der Angehörigen gerecht werden. Dazu gehören humane Besuchszeiten, kindgerechte Besuchsräume und die Möglichkeit, auch außerhalb der regulären Besuchszeiten in Notfällen Kontakt zu den Inhaftierten zu haben.
Dies kann auch die Resozialisierung von Inhaftierten fördern, bei welcher die Angehörigen oft eine wichtige Rolle spielen. Sie sollten in diesen Prozess einbezogen und unterstützt werden, z.B. durch Schulungen und Workshops, die ihnen helfen, ihre Rolle besser wahrzunehmen.

KPÖ: Offener Besuch so oft wie möglich, also gegebenfalls Zeiten und Termine ausweiten. Dazu ein kindergerechtes Umfeld im Besuchsbereich schaffen.

FPÖ: Hier empfehlen wir „Neustart“

Grüne: Die Inhaftierung eines Elternteils stellt das Leben eines Kindes auf den Kopf und ist meist mit vielen Belastungen und Unsicherheiten verbunden. Artikel 9 der UN-Kinderrechtskonvention garantiert jedem Kind das Recht auf direkten Kontakt zu seinen Eltern, sofern das Kindeswohl nicht gefährdet ist. Wenn Gewalt im Spiel ist, darf dies natürlich nicht sein. Ebenso ist sorgfältig abzuwägen, wenn z.B. der Kontakt zum inhaftierten Elternteil nicht dem Willen des Kindes entspricht oder zu starken Belastungen für das Kind führt. In den anderen Fällen muss der Zugang des Kindes zum Elternteil gewährleistet bleiben. Insbesondere die Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten sind kind- und familienfreundlich zu gestalten. Konkret geht es dabei um die Frage, wie oft, wie lange und in welchem Rahmen Kinder ihre inhaftierten Eltern besuchen oder kontaktieren können; hier sollte es bundesweit einheitliche Standards geben. Kindgerechte Räumlichkeiten können hier unterstützend wirken. Auch andere familienfreundliche Maßnahmen und Angebote, die sich an Kinder von Inhaftierten richten, sollten ausgebaut werden.
Generell möchten wir an dieser Stelle einen Perspektivwechsel einleiten: Denn Besuche und Kontakte zu inhaftierten Eltern sind nicht nur ein Recht der Eltern, sondern auch aus kinderrechtlicher Sicht notwendig, um die Eltern-Kind-Beziehung trotz der schwierigen Umstände aufrechterhalten zu können.

SPÖ: Es gibt ein Recht auf familiären Kontakt und dieser ist sicherzustellen. Allerdings ist dies während der Corona-Pandemie völlig zusammengebrochen. Auch hier gilt: Es braucht mehr Betreuungspersonal, um das lückenlos zu garantieren.

NEOS: Der Kontakt zwischen Kindern und inhaftierten Elternteilen sollte gefördert und unterstützt werden, um das Recht der Kinder auf regelmäßigen Kontakt zu beiden Elternteilen zu gewährleisten. Durch sorgfältige Planung, Unterstützung und die Schaffung kinderfreundlicher Besuchsmöglichkeiten können die emotionalen und psychologischen Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt und gleichzeitig die Resozialisierung der Inhaftierten unterstützt werden.

Zum Maßnahmenvollzug

KPÖ: Für den Maßnahmenvollzug wurde von Minister Brandstetter seinerzeit eine Kommission eingesetzt – da bräuchte man eigentlich nur die gefundenen Verbesserungen umsetzen. Das heißt: A) Einweisungskriterien prüfen: eine Kommission und nicht einzelne sollte darüber entscheiden, ob Maßnahme oder nicht. B) Begutachtung sollte auch und vor allem von jenen gemacht werden, die unmittelbar mit Betroffenem arbeiten. Vollzugsbedienstete sehen den Häftling jeden Tag und nicht nur einmal im Jahr. C) lückenlose Betreuung ermöglichen.

FPÖ: Der Maßnahmenvollzug ist reformbedürftig und sollte wieder in die Justizwache eingegliedert werden. Jedoch fehlt dazu das Geld und das Personal. Um die Kosten abdecken zu können, wäre, wie schon erwähnt, die Haft in der Heimat ein wichtiges Element.
Die letzte Reform des Maßnahmenvollzugs hätte fast, wenn sie nicht kurz vor dem Inkrafttreten noch abgeändert worden wäre, wahrscheinlich zu einer Entlastung des Maßnahmenvollzugs geführt, jedoch sicher in eine Gefährdung der Gesellschaft.
Die Regierungsfraktionen wollten eingewiesene Jugendliche aus dem Maßnahmenvollzug entlassen, ohne dass es entsprechende Einrichtungen gegeben hat und gibt, die sich um diese Menschen hätten kümmern können.
Ein Stufenentlassungsvollzug (4 bis 5 Stufen) wäre eine Möglichkeit, um zu prüfen, ob die betreffende Person sich für eine Entlassung in Freiheit eignet, also keine Gefährdung für die Gesellschaft darstellt. Die Form des Vollzuges ist jedoch äußerst kosten- und betreuungsintensiv, daher nicht umsetzbar.

Grüne: Die Reform von Justizministerin Alma Zadic, in der die Einweisungskriterien für den Maßnahmenvollzug, insbesondere für Jugendliche geändert wurden, und die Finanzierung des Ausbaus der forensisch-therapeutischen Zentren waren erste wichtige Meilensteine im Bereich des Maßnahmenvollzugs. Jetzt braucht es weitere Schritte. Dazu gehört vor allem ein modernes, eigenständiges Maßnahmenvollzugsgesetz, wie es von vielen Expert:innen schon lange gefordert wird. Das Gesetz soll zeitgemäße Betreuungs- und Behandlungsstandards festlegen, für eine bessere Vertretung der Untergebrachten sorgen, die Nachbetreuung nach der Entlassung forcieren und deren Qualität sichern sowie eine strikte Trennung von Untergebrachten und Strafhäftlingen gewährleisten.
Auch der Personalmangel stellt eine große Herausforderung dar. Aus diesem Grund hat Alma Zadić eine große Rekrutierungskampagne gestartet.

SPÖ: Der zweite Teil der Reform ist überfällig und müsste angegangen werden. Es muss ein umfassendes Therapieangebot aufgebaut und eine Betreuung nach der Entlastung sicher gestellt werden, dazu sind Begleitkonzepte notwendig. All das scheitert offensichtlich an den finanziellen Mitteln. Außerdem braucht es für Unterbringung und Therapie Bund-Länder-Vereinbarungen.
Ein Großteil der Menschen sitzt zu Unrecht im Maßnahmenvollzug, das hat die Reformkommission bereits im Jahr 2015 festgestellt, ebenso gab es mehrfach Kritik des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Das sind Missstände die dringend angegangen werden müssen.

NEOS: Die gesetzlichen Regelungen über den Vollzug vorbeugender Maßnahmen müssen aus dem Strafvollzugsgesetz herausgenommen werden. Es benötigt ein eigenes Maßnahmenvollzugsgesetz, welches einen EMRK-konformen Vollzug der vorbeugenden Maßnahmen gewährleistet. Es ist inakzeptabel, dass der Maßnahmenvollzug weitgehend gleich abläuft wie der Strafvollzug (z.B. verschlossene Hafträume am Wochenende wegen Personalmangels).

KPÖ: Beides, aber eher zweiteres, weil psychische Erkrankungen oder die Häufung derselben ein gesamtgesellschaftliches Problem sind und dadurch öfter auch die Ursache für Straffälligkeit.

FPÖ: Interessant ist, dass es vor 2014 nur einen leichten kontinuierlichen Anstieg gab, jedoch ab 2014 die Anhaltung im Maßnahmenvollzug rasant in die Höhe schnellte.
Der Einfluss von radikalen, kulturfremden Gruppen und anderen negativen Einflüssen wie zum Beispiel Drogen wird vor allem auf Kinder und Jugendliche immer massiver. Dementsprechend werden die Straftaten immer grausamer und brutaler. Das ist auch der Grund, warum Richter die Strafe zusätzlich mit einer Maßnahme belegen.

Grüne: Es ist richtig, dass die Zahl der Untergebrachten im Maßnahmenvollzug in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Dies liegt nicht nur daran, dass es mehr psychisch kranke Menschen gibt, sondern auch daran, dass immer mehr Menschen wegen vergleichsweise leichter Delikte in den Maßnahmenvollzug eingewiesen werden. Zum Teil gehören sie nicht dorthin, zum Teil bleiben sie zu lange im Maßnahmenvollzug.
Auf Initiative der grünen Justizministerin Alma Zadić wurde deshalb der Maßnahmenvollzug erstmals seit 50 Jahren reformiert. Endlich gibt es strengere Kriterien, wann jemand in den Maßnahmenvollzug eingewiesen werden kann. Weiters wurden 100 neue Plätze im forensisch-therapeutischen Zentrum Asten geschaffen und der Ausbau des FTZ Göllersdorf in Angriff genommen, um den Unterbringungsdruck zu verringern und die Unterbringungsbedingungen zu verbessern. Weiters wurde durch die Umwandlung der Justizanstalt Garsten in ein forensisch-therapeutisches Zentrum die Unterbringungsplanung für den Maßnahmenvollzug erweitert.

SPÖ: Auf diesen Anstieg haben wir ebenfalls mit parlamentarischen Anfragen hingewiesen. Die Meinungen von Expert:innen legen nahe, dass beides zutrifft.
Therapeutische bzw. psychologische und/oder psychiatrische Betreuung sollte einfacher zugänglich sein, damit Menschen geholfen werden kann, bevor etwas passiert. Zudem ist speziell im Maßnahmenvollzug bei einer Entlassung auch eine Nachbetreuung wichtig. Die Justizministerin ist in der Pflicht, die Bedingungen dafür zu schaffen, ausreichend Personal und Budget zur Verfügung zu stellen.

NEOS: Das BMJ hat eine Studie zu Femiziden anhand von Gerichtsakten erstellen lassen. Die aufgeschlüsselten Vorgeschichten zeigen ganz klar einen Mangel an psychischer Versorgung, der teilweise zu Gewaltspiralen führt. Ganz klar braucht es also auch vorgelagert eine bessere Versorgung, um psychisch kranke Personen davon abzuhalten, Täter zu werden. Darüber hinaus kann aber auch davon ausgegangen werden, dass der Kreis der Anlassdelikte, welche einen Maßnahmenvollzug auslösen kann, trotz der durch den ersten Schritt der Maßnahmenvollzugsreform erfolgten Verbesserungen immer noch zu weit gezogen ist. Auch sollte die Möglichkeit der bedingten Anordnung von vorbeugenden Maßnahmen viel stärker in die Spruchpraxis der Gerichte Eingang finden.

KPÖ: Durch eine Aufstockung des Personals in diesen Bereichen. Auch wollen wir die Wahlfreiheit des Therapeuten ermöglichen.

FPÖ: Siehe Frage 1 (Bereich Maßnahmenvollzug)

Grüne: Die Reform von Justizministerin Alma Zadic, in der die Einweisungskriterien für den Maßnahmenvollzug, insbesondere für Jugendliche geändert wurden und die Finanzierung des Ausbaus der forensisch-therapeutischen Zentren waren erste große Meilensteine im Bereich um den Maßnahmenvollzug zu entlasten. Dennoch brauchen wir ein zeitgemäßes Maßnahmenvollzugsgesetz, das die Unterbringung von Straftäter:innen regelt und die Therapie per Gesetz in den Mittelpunkt stellt. Dazu gehört es auch, zeitgemäße Betreuungs- und Behandlungsstandards festzusetzen. Denn eines ist klar: Wir werden noch mehr Ärzt:innen, Therapeut:innen, Psycholog:innen und Sozialarbeiter:innen für die forensischen Zentren brauchen.

SPÖ: Das war ebenfalls Thema einer parlamentarischen Anfrage. Gezeigt hat sich, dass Fachpersonal im Maßnahmenvollzug nirgends ausreichend vorhanden ist. In keiner Justizanstalt bzw. keinem forensisch-therapeutischen Zentrum ist die Ausstattung mit Fachpersonal durchgehend so gegeben, wie es die Planstellen vorsehen. Fachliche Standards zum Einsatz von Fachpersonal fehlen. Offensichtlich ist nur an 40 von 168 Wochenstunden Fachpersonal anwesend. Das ist untragbar. Auch hier geht es um gute Arbeitsbedingungen, faire Bezahlung und ausreichend Budget. In fast allen Justizanstalten fehlen Psychiater:innen, Sozialarbeiter:innen und Mitarbeiter:innen im Bereich der Krankenpflege. Menschen wegzusperren ist keine Lösung, es braucht entsprechende therapeutische Angebote im Maßnahmenvollzug. Behandlung und Betreuung sind wesentlich. Die Regierung ist in der Pflicht, dies zu garantieren.

NEOS: Die Volksanwaltschaft zeigt regelmäßig auf, dass die Arbeitsbedingungen in Justiz und Maßnahmenvollzug zu einem enormen Personalmangel geführt haben. Natürlich ist der Aufbau von Personal in solchen Situationen besonders herausfordernd, dennoch muss hier an einer Attraktivierung gearbeitet werden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden zu wenige Psychiater gerade für den forensischen Bereich ausgebildet und auch psychotherapeutische und psychische Versorgung wurden viel zu lange stiefmütterlich behandelt. Jedenfalls könnte die Einbindung von Inhaftierten in die reguläre Gesundheitsversorgung dazu führen, dass die Behandlung für den Staat kostengünstiger ist, wodurch potenziell Budget für eine zusätzliche spezialisierte Versorgung frei werden könnte.

KPÖ: Wenn die Gefährlichkeit ein (lebens-)langes Wegsperren erfordert, sollte auch die Einrichtung den Umständen eines langen Aufenthaltes angepasst werden. Kleine Einheiten mit größtmöglicher Betreuung und Möglichkeit zur sinnvollen Beschäftigung. Das ist zwar sehr personal- und kostenintensiv, aber Merkmal einer fortschrittlichen Gesellschaft.

FPÖ: Diese Menschen werden wohl nie in die Gesellschaft integrierbar sein, da von ihnen immer Gefahr droht. Um den Schutz der Gesellschaft, aber auch ein sicheres Leben dieser Untergebrachten zu gewährleisten, benötigt die Justiz die entsprechenden finanziellen Mittel und die entsprechende Anzahl an Personal mit der entsprechenden Ausbildung, damit diese ihr Leben lang im Maßnahmenvollzug betreut werden können.

Grüne: Eine menschenrechtskonforme Unterbringung von gefährlichen Menschen, die an einer schweren psychischen Erkrankung leiden, bedeutet, ihnen vom ersten Tag an ein adäquates Therapieangebot zu machen, um einen raschen Behandlungserfolg und eine baldige Rückkehr in die Freiheit zu ermöglichen. Dazu gehört für uns selbstverständlich auch eine entsprechende Nachbetreuung bei Haftentlastung. Für uns ist klar: Im Maßnahmenvollzug dürfen nur jene Täter:innen untergebracht werden, die wirklich gefährlich sind. Um die Täter:innen kontinuierlich auf ihre Gefährlichkeit zu überprüfen, sollten fachlich qualifizierte Personen die Gefährlichkeitsprognosen regelmäßig überprüfen.

SPÖ: Sicherheit der Bevölkerung steht für uns im Fokus. Natürlich gilt auch hier, dass reines Wegsperren von Menschen keine Lösung ist. Eine intensive Betreuung, Therapien etc. brauchen personelle Ressourcen, kosten natürlich aber auch Geld. Die Regierung hat diese bisher – wie in allen Bereichen des Straf- und Maßnahmenvollzuges – nicht ausreichend zur Verfügung gestellt.

NEOS: NEOS setzt sich für eine menschenrechtskonforme, differenzierte und fundierte Herangehensweise im Umgang mit besonders gefährlichen Personen ein. Für besonders gefährliche Personen sollten spezialisierte Einrichtungen geschaffen werden, die sowohl Sicherheit gewährleisten als auch rehabilitative Maßnahmen anbieten. Dies verhindert, dass diese Personen in regulären Unterkünften eine Gefahr darstellen.

KPÖ: Wie oben: Justizwache vor den Vorhang holen. Das Berufsbild muss in Richtung wertvoller Beitrag am Wohl der Allgemeinheit verändert, die Dienstzeiten attraktiver werden – das ist wirksamer als hohe Gehälter. Das Gehalt möchten wir allerdings während der Ausbildung schon sozial so staffeln, dass es Quereinsteigern mit Familie ermöglicht wird, in den Beruf einzusteigen.

FPÖ: Um den Beruf attraktiver zu gestalten, muss zumindest angedacht werden, ein eigenes an den Bedürfnissen der Justizwache und anderen Bediensteten im Justizwachebereich angepasstes Dienst-, Disziplinar- und Besoldungs- sowie Pensionsrecht zu etablieren. 40 Jahre müssen in dieser physisch und psychisch anstrengenden Arbeit genug sein. Weiters, wie schon oben erwähnt, muss die Haft in der Heimat forciert werden und die Einbindung der Insassen in die Allgemeine Krankenkasse – mit Abstrichen betreffend Familienangehörige, damit die Mitversicherung entfällt – endlich umgesetzt werden. Damit wäre es möglich, die Kosten zu senken, um mit den freiwerdenden Mitteln die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Es benötigt nicht nur bessere Zellen und einen besseren organisatorischen Umgang mit den Insassen, sondern es benötigt viel mehr eine bessere persönliche Ausrüstung der Justizwachebeamten, besser ausgestattete Arbeitsbereiche und Dienstpläne, die ein besseres Familienleben der Bediensteten möglich macht. Haben die Bediensteten gute Arbeitsverhältnisse, strahlt das positiv auf die Unterbringung der Insassen aus.

Grüne: Die von Justizministerin Alma Zadić umgesetzte Rekrutierungskampagne ist ein wichtiger Schritt, die Tätigkeit im Straf- und Maßnahmenvollzug bekannt zu machen und Interessent:innen für den Beruf zu gewinnen.
Darüber hinaus muss in der Justiz wie im gesamten öffentlichen Dienst ein attraktives Arbeitsumfeld geschaffen werden, um mehr Bewerber:innen anzulocken. Neben Arbeitszeit spielen hier selbstverständlich auch die Besoldung und die Gehaltskurve eine große Rolle. Wichtig ist, dass es im Bereich der Pflege keine Nachteile bei der Besoldung gegenüber dem Krankenhausbereich gibt. Auch die bereits begonnenen Überlegungen zu Maßnahmen für die Mitarbeiter:innen-Zufriedenheit und -Gesundheit müssen fortgeführt und auf ihre Wirkung in der Praxis überprüft werden.

SPÖ: Siehe die vorige Antwort.

NEOS: Der chronische Personalmangel im Maßnahmenvollzug ist tatsächlich ein ernstes Problem, das nicht nur die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belastet, sondern auch die Qualität der Resozialisierung und Therapie der Insassen gefährdet. Es sind daher gezielte Maßnahmen erforderlich, um das Berufsbild der im Straf- und Maßnahmenvollzug Tätigen zu verbessern und diesem ein viel positiveres Image zu verschaffen. Die Arbeit mit Strafgefangenen und mit Menschen im Maßnahmenvollzug ist Sozialarbeit im besten Sinn des Wortes, die der Gesellschaft einen erheblichen Mehrwert verschaffen kann. Selbstverständlich ist diese wichtige Arbeit auch leistungsgerecht zu entlohnen.

KPÖ: Es gibt zwar kein Recht auf Gewissheit, aber im Maßnahmenvollzug ist die Ungewissheit das Schlimmste. Du kannst nicht sagen, wann Du rauskommst. Davor hat jeder Angst. Da können kürzere Intervalle für Gutachten und wie bei der ersten Frage zum Maßnahmenvollzug die Begutachtung durch Kommissionen und nicht Einzelpersonen besser sein.

FPÖ: Dabei sind auch die Menschenrechte der Bürger zu beachten, die ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, ein Recht auf Eigentum haben, sowie das Recht haben, dass der Staat sie vor den genannten negativen Einflüssen schützt. Erst in zweiter Linie muss darauf geachtet werden, dass die eingeschränkten Grundrechte der Menschen im Maßnahmenvollzug geachtet werden. Einen Verbesserungsbedarf gibt es, der aber nur behoben werden kann, wenn die finanziellen Mittel frei werden, um Maßnahmen setzen zu können, welche die Bedürfnisse der Eingewiesenen abdecken können.

Grüne: Aufgrund des jahrzehntelangen Reformstillstands ist die Zahl der Untergebrachten im Maßnahmenvollzug stark angestiegen. Erst unter Justizministerin Alma Zadic wurden die überfälligen Reformvorhaben in Angriff genommen und das Problem angegangen. Mittlerweile sind rund 40 Prozent der derzeit Untergebrachten wegen minderschwerer Delikte inhaftiert. Zudem wurden Jugendliche wie Erwachsene behandelt und durch die Unterbringung oft ihrer Chancen und Perspektiven für ihr weiteres Leben beraubt. Situationen, die auch bei vielen Expert:innen und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Kritik führten. Um diese Missstände zu beenden, haben wir 2022 das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz beschlossen.
Schwerpunkte eines zweiten Teils der Reform sind insbesondere der Ausbau des Therapieangebots für Untergebrachte, die Schaffung adäquater und ausreichender Nachbetreuungseinrichtungen und die Verbesserung des Rechtsschutzes für Untergebrachte. In Zukunft sollen auch Erwachsenenschutzvereine die Betroffenen vertreten und ihnen während der gesamten Dauer der Unterbringung als Ansprechpartner:innen zur Seite stehen.

SPÖ: Laut Reformkommission sind viele Menschen zu Unrecht (zwei Drittel) im Maßnahmenvollzug untergebracht. Es gibt viel zu wenige Gutachter:innen, die über eine Einweisung bzw. den Verbleib im Maßnahmenvollzug entscheiden. Die regionale Verteilung ist unausgewogen (bspw. gibt es keine in Westösterreich), das Alter der Gutachter:innen ist sehr hoch, das bedeutet sie werden bald in Pension gehen. Hier braucht es dringend Nachwuchs, der sicherzustellen ist.

NEOS: Die bisherigen gesetzlichen Änderungen haben nichts daran geändert, dass Österreich hier nach wie vor grundlegende menschenrechtliche Standards nicht einhält. Wir brauchen echte therapeutisch-forensische Zentren, in denen die Menschen nicht einfach weggesperrt, sondern therapiert und resozialisiert werden. Wir brauchen ein eigenes Maßnahmenvollzugsgesetz, das mit dem Strafvollzugsgesetz nichts zu tun hat. Wir brauchen Sachverständige und spezialisiertes medizinisches Personal, um Therapie und Betreuung zu gewährleisten.

KPÖ: Es obliegt dem Gesetzgeber, hier für Bedingungen zu sorgen, die eine Unterbringung im Einklang mit der UN-BRK ermöglichen.

FPÖ: Wie die Volksanwaltschaft schon feststellte, gibt es hier das Problem, dass den Ländern bei der Betreuung von Menschen mit Behinderungen die Hauptverantwortung zukommt. Aber es geht nicht nur um die Betreuung, sondern auch darum, ob die Räumlichkeiten barrierefrei sind. Über eine Einweisung von Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen oder mit Demenz oder anderen Beeinträchtigungen, die straffällig geworden sind, kann man dann diskutieren, wenn rechtliche und faktische Voraussetzungen geschaffen werden, welche die Gesellschaft vor weiteren schweren Straftaten schützt. Maßnahmen wären, diese Personen in eigens errichte Einrichtungen unterzubringen, die entsprechendes Personal und entsprechende medizinische Betreuung aufbringen kann.

Grüne: Eine Einweisung in den Maßnahmenvollzug ist nur bei Vorliegen einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Erkrankung und einer darauf basierenden qualifizierten Gefährlichkeitsprognose zulässig. Diese wird von den Gerichten auf Basis von psychologischen Sachverständigen-Expertise beurteilt.
Menschen mit psychischen Erkrankungen werden im Einzelfall gewalttätig, wenn psychologische und psychiatrische Hilfen fehlen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Unterstützungssysteme für Menschen mit psychischen Erkrankungen ausgebaut werden. Das beginnt bei der Psychotherapie auf Krankenschein, wo wir in letzter Zeit Fortschritte erzielen konnten. Wir brauchen aber für diesen Personenkreis Unterstützungsangebote, die es ermöglichen, dass psychisch kranke Menschen in der Gemeinschaft leben können, ohne sich selbst oder andere zu gefährden. Beispiele hierfür sind intensiv betreute Wohngemeinschaften, stationäre Unterstützungsangebote in Krisensituationen sowie Unterstützung und Assistenz in der eigenen Wohnung.

SPÖ: In bestimmten Fällen wird es dennoch zum Schutz der Bevölkerung oder zum Selbstschutz zu Einweisungen kommen. Dafür gibt es spezielle Einrichtungen wie den Maßnahmenvollzug. Nicht das Wegsperren ist das Ziel, sondern die bestmögliche Behandlung bzw. Therapie.

NEOS: Grundsätzlich sieht die UN-BRK keine Privilegierung von Menschen mit Behinderungen vor. Auch im Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzuges gilt daher für alle Menschen der Grundsatz der Gleichbehandlung. Selbstverständlich ist aber im Falle der Inhaftierung oder Einweisung von Menschen mit Behinderungen auf deren Situationen vor dem Hintergrund der UN-BRK Rücksicht zu nehmen.

Wir bedanken uns herzlich bei den JustizsprecherInnen für die Antworten!

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