Machtmissbrauch und Schikane, schlechte medizinische Versorgung, fehlender Kontakt zur Außenwelt, Isolation und Suizidversuche. Push-Back Alarm Austria und Deserteurs- und Flüchtlingsberatung haben Interviews mit Menschen geführt, die in Vordernberg inhaftiert waren. Ihre Erfahrungen werden erstmals in einem Report der beiden Organisationen veröffentlicht.
Eine neue Studie hat gravierende menschenrechtswidrige Zustände im Anhaltezentrum Vordenberg in der Steiermark aufgedeckt. Die Ergebnisse der Untersuchung, die von der Initiative Pushback Alarm Austria und der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung durchgeführt wurde, basieren auf Interviews mit ehemaligen Insassen des Zentrums, die massive Missstände dokumentieren. Während der Pressekonferenz am 16. September 2024 wurden erschütternde Details der Haftbedingungen veröffentlicht, die das Zentrum als „rechtsfreien Raum“ darstellen, in dem Missbrauch und Schikane durch Sicherheitskräfte und Behörden zur Normalität geworden seien.
Die Sicherheitsfirma Group 4 (G4S) spielt im Anhaltezentrum Vordenberg eine zentrale Rolle und ist sowohl für die Sicherheitsüberwachung als auch für soziale Aufgaben wie Freizeitbetreuung zuständig. Kritisiert wird, dass die Aufgaben der sozialen Betreuung und der Sicherheit miteinander vermischt werden, was zu einer problematischen Dynamik führt. Die Präsenz von G4S-Mitarbeitern wird von den Häftlingen in vielen Berichten als einschüchternd beschrieben, und es gibt Vorwürfe über Misshandlungen durch das Personal. Diese Doppelrolle von G4S, sowohl für Sicherheit als auch für soziale Unterstützung verantwortlich zu sein, verschärft die ohnehin prekären Zustände im Zentrum.
Folterähnliche Zustände und Suizidversuche
In den Interviews beschrieben ehemalige Häftlinge Folter und psychischen Missbrauch, die sie an den Rand der Selbstzerstörung brachten. Einige berichteten von Suizidversuchen und selbstverletzendem Verhalten, die durch die menschenunwürdigen Haftbedingungen ausgelöst wurden. Ein Zitat aus der Studie fasst die Situation treffend zusammen: „There are no laws, they are the law“ – ein Gefühl der Rechtlosigkeit, das in den Berichten der Betroffenen immer wieder zum Ausdruck kommt.
Die in der Studie dokumentierten Vorfälle reichen von körperlicher Misshandlung über unmenschliche Isolationshaft bis hin zu willkürlichen Strafen für Verstöße gegen eine unbekannte Hausordnung. Zudem wurden ernste Vorwürfe über die medizinische Versorgung erhoben, darunter Berichte über falsch verabreichte Medikamente und mangelhafte Behandlung von Suizidversuchen.
Kritik an der Lage und dem Betrieb des Zentrums
Die Studie kritisiert nicht nur die Haftbedingungen, sondern auch die geografische Isolation des Zentrums, die den Kontakt zu Anwälten, Familien und Unterstützern erheblich erschwert. Petra Leschanz von Pushback Alarm Austria berichtete von Besuchserfahrungen, die die systematische Isolation der Häftlinge und die erschwerten Bedingungen für rechtlichen Beistand aufzeigten. So müssten Anwälte etwa lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um Zugang zu ihren Mandanten zu erhalten, und auch Besuche durch Familienmitglieder seien kaum möglich.
Das Zentrum Vordenberg, das ursprünglich als „menschenrechtskonformes“ Anhaltezentrum geplant war, entpuppt sich laut der Studie als gescheitertes Experiment. Das Konzept „Zimmer statt Zelle“, das vom verantwortlichen Architekturbüro beworben wurde, sei längst zur Farce verkommen, heißt es.
Forderung nach Schließung des Zentrums
Angesichts der alarmierenden Zustände fordern die Initiatoren der Studie die sofortige Schließung des Zentrums. „Diese Zustände machen die Schließung dieses Ortes unabdingbar und erfordern eine sofortige und unabhängige Kontrolle durch Menschenrechtsorganisationen“, betonte Claudia Wieser, Obfrau von Pushback Alarm Austria, während der Pressekonferenz.
Es wurde zudem betont, dass die Zustände in Vordenberg nicht nur eine individuelle Problematik darstellen, sondern symptomatisch für ein breiteres Versagen des Systems der Migrationshaft in Österreich seien. Die Organisationen setzen sich daher nicht nur für die Schließung von Vordenberg ein, sondern fordern auch grundlegende Reformen im Umgang mit Migrationshaft.
Die Studie wird in den kommenden Wochen vollständig veröffentlicht und an die zuständigen Behörden sowie Menschenrechtsorganisationen weitergeleitet, um die internationale Aufmerksamkeit auf die Missstände in Vordenberg zu lenken und eine umfassende Untersuchung zu fordern.
Die fünf schwerwiegendsten Vorwürfe zusammengefasst:
- Menschenrechtsverletzungen: Inhaftierte berichten von körperlicher Misshandlung und psychischer Folter, die sie in den Suizid treiben.
- Rechtlosigkeit und Willkür: Häftlinge werden ohne klar kommunizierte Hausordnung bestraft, oft durch Isolationshaft und andere Sanktionen.
- Mangelhafte medizinische Versorgung: Suizidversuche und andere ernste gesundheitliche Probleme werden unzureichend oder gar nicht behandelt.
- Geografische Isolation: Das Zentrum liegt so abgelegen, dass rechtlicher Beistand und Familienbesuche nahezu unmöglich sind.
- Systematische Entmenschlichung: Häftlinge berichten von Schikanen durch Sicherheitskräfte, darunter auch rechtsextreme Übergriffe und Misshandlungen.
Die vorläufigen Ergebnisse finden Sie hier:
Foto: elmar gubisch – stock.adobe.com
Sicherheit & Soziales?
Frage:
Welche Fachliche Qualifikation haben die MitarbeiterInnen dieser Privat Firma „Group 4 (G4S)“?
Darf eine derartig verantwortungsvolle Tätigkeit jede Person ausüben?
Welche verpflichtenden Kriterien zur Qualitätssicherung gibt es?
Gibt es überhaupt eine Qualitätskontrolle?
Wer bezahlt diese Privat Firma?
Wem untersteht diese „G4S“ Firma, wer ist die Auftraggeber*in?
Werde jedenfalls diese Studie mit Sorgfalt lesen, und verbreiten.