Seit Urzeiten verhindert eine heuchlerische Moralbrille die sinnvolle Regulierung dieses Bereichs zum Wohle der SexarbeiterInnen und der Gesellschaft. Dabei gäbe es gute Gründe für einen sachlichen Umgang mit dem Thema.

Sexarbeit ist weltweit mit einer Reihe bekannter negativer Folgen verbunden, die oft durch unregulierte Rahmenbedingungen und gesellschaftliches Stigma verstärkt werden. Gewalt gegen SexarbeiterInnen ist eine der gravierendsten Herausforderungen, insbesondere in Ländern, in denen die Tätigkeit kriminalisiert oder stark reglementiert ist. Das Fehlen gesetzlicher Schutzmechanismen macht viele Betroffene angreifbar für Übergriffe, Ausbeutung und Erpressung – sei es durch Kundinnen, Zuhälter oder sogar Strafverfolgungsbehörden.

Ein weiteres Problem ist das soziale Stigma, das SexarbeiterInnen häufig in die Isolation drängt und sie davon abhält, Hilfe oder Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Dies wirkt sich auch auf den Zugang zu medizinischen und sozialen Diensten aus, was Gesundheitsrisiken wie sexuell übertragbare Krankheiten und psychische Belastungen erhöht. Hinzu kommt, dass viele SexarbeiterInnen in prekären Arbeitsverhältnissen stehen, was ein hohes Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit mit sich bringt.

Auch in der öffentlichen Wahrnehmung wird das Thema oft einseitig betrachtet: Es dominieren Berichte über Zwangsprostitution und Menschenhandel, die zwar wichtige Probleme beleuchten, aber die breite Palette freiwilliger und selbstbestimmter Tätigkeiten in der Sexarbeit oft außer Acht lassen. Dies verstärkt nicht nur das Stigma, sondern führt auch dazu, dass viele SexarbeiterInnen pauschal als Opfer wahrgenommen werden, was ihre Autonomie und Selbstbestimmung in der Debatte untergräbt.

Diese negativen Aspekte zeigen, wie sehr die bestehende Situation unter einer fehlgeleiteten Moralisierung und unzureichenden Regulierung leidet. Gerade deshalb ist es entscheidend, die Debatte zu öffnen, sachlich zu führen und sich den Möglichkeiten einer inklusiven und entkriminalisierten Regulierung zuzuwenden – ein Ansatz, der in diesem Artikel näher beleuchtet wird. Trotz der Vorteile eines offenen Dialogs über die Rahmenbedingungen für etwa Bordelle, Online-Erotik oder Clubarbeit, bleibt sogar die naturgemäß neugierige Forschung dazu begrenzt. Dazu beziehen sich viele Studien auf schwer vergleichbare Situationen. Oft beschäftigen sich ForscherInnen nicht mit den Personen in der Sexarbeit, sondern beziehen ihre Daten aus negativ gefärbten Quellen.

Dabei gäbe es Bedarf an Untersuchungen, um die Erfahrungen und Bedürfnisse aller Geschlechter und Arbeitsformen in der Sexarbeit umfassend zu verstehen. Denn ein zentrales Ziel moderner Forschung in diesem Gebiet muss sein, die Personen, welche der Sexarbeit nachgehen, in allen Dimensionen zu schützen.

Ebenso deren KundInnen. Eine Entkriminalisierung von SexarbeiterInnen und deren KundInnen hat positive Auswirkungen auf eine aufgeklärte Gesellschaft, abseits der Moralkeule. Wagen wir einen Schritt in die Zukunft und schauen uns einige Vorteile eines sachlichen Zugangs an – Willkommen 2025.

Positive Effekte für Menschen in der Sexarbeit

Einkommensquelle: Studien zeigen, dass Sexarbeit für viele eine stabile Einkommensquelle darstellt, die insbesondere in Regionen mit begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten ein finanzielles Überleben ermöglicht.

Unabhängigkeit: Für einige SexarbeiterInnen ist die Tätigkeit ein Weg, um finanzielle Unabhängigkeit und Flexibilität im Arbeitsalltag zu erreichen.

Psychosoziale Aspekte: Sexualerziehung und Empowerment: Einige berichten, dass sie durch ihre Arbeit ihre eigene Sexualität besser verstehen und entwickeln, was sie selbstbewusster und zufriedener macht. Zum Beispiel: Transgender Personen, Bisexuelle Personen, Homosexuelle Personen, auch asexuelle (Abwesenheit einer sexuellen Orientierung), pansexuelle Menschen (Menschen für die das Geschlecht in Sachen Sexualität keine Bedeutung hat), Inter, oder genderfluide Menschen, und/oder omnisexuell orientierte Menschen, das sind Personen welche sich zu allen Geschlechtern gleichermasen sexuell wie emotional hingezogen fühlen.

Selbstbestimmung: Die Forschung hebt hervor, dass viele SexarbeiterInnen ihre Tätigkeit bewusst und freiwillig wählen, oft als Ausdruck von Selbstbestimmung und Autonomie.

Gesellschaftliche Perspektiven

Stigma-Reduktion durch Regulierung: In Ländern, in denen Sexarbeit entkriminalisiert oder reguliert wurde (z. B. Neuseeland, Niederlande, Österreich), berichten Studien von einer verbesserten rechtlichen und sozialen Situation der SexarbeiterInnen, einschließlich besserer Gesundheitsversorgung und Schutz vor Gewalt.

Förderung von Gesundheit: Regulierte Sexarbeit erleichtert den Zugang zu Gesundheitsdiensten, senkt die Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten und bietet Bildungsprogramme für sexuelle Gesundheit. Menschen mit Behinderung könnten ihr Recht auf selbstbestimmte Sexualität ohne Strafrechtliche Konsequenzen endecken, sowie im Sinne des Inklusion’s Gedanken erleben.

Stärkung von Netzwerken: Sexarbeit kann Gemeinschaften stärken, in denen KollegInnen sich gegenseitig unterstützen, beispielsweise durch Advocacy-Gruppen oder genossenschaftliche Strukturen.

Beitrag zur lokalen Wirtschaft: In einigen Regionen belebt Sexarbeit lokale Ökonomien, indem sie mit anderen Branchen wie Gastgewerbe und Tourismus interagiert.

Dies alleine sollte Grund genug sein, um einen neuen Blick auf das Thema zu riskieren. Die fortlaufende Moralisierung und Ausgrenzung in diesem Tätigkeitsfeld verursacht Leid zum Schaden aller. Darum muss sich das Gespräch darüber ändern. Passend dazu ein paar Anhaltspunkte, was in Zukunft verstärkt betrachtet werden sollte.

Reform- und Forschungsimpulse

Innovationen in der Arbeitsrechtspolitik: Positive Ergebnisse in Ländern mit progressiven Regelungen bieten wertvolle Erkenntnisse für die Gestaltung gerechter Arbeitsgesetze und den Abbau von Diskriminierung.

Förderung von Diversität und Inklusion: Sexarbeit führt zu einem offeneren gesellschaftlichen Dialog über sexuelle Diversität und Lebensrealitäten.

Positiver Einfluss der Entkriminalisierung: SexarbeiterInnen arbeiten selbstbestimmt, freiwillig und unabhängig von Gewalt fördernder Umgebung und Personen, wie Zuhälter („Beschützer, Manager“) oder gewalttätiger Kunden.

Es müssen rasch technische, gesellschaftliche, juristische sowie familiäre Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Der Bildungssektor, von der Kindergarten- bis zur Erwachsenenpädagogik, muss durchgängig auf die Gefahren der sexualisierten Gewalt im und durch das Internet geschult werden. Es braucht dringend vorbeugende Maßnahmen, die den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen wirksam verhindern.

Ökonomische Unabhängigkeit: Sexarbeit bietet oft eine wichtige Einkommensquelle, die finanzielle Unabhängigkeit und Sicherheit ermöglicht, besonders in Regionen mit begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten. Dies kann Frauen und marginalisierten Gruppen helfen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern.

Gesundheitliche Verbesserungen durch gezielte Interventionen: Studien zeigen, dass jene Interventionen effektiv sind, die auf Bildung und Empowerment abzielen und verschiedene Aspekte des Lebens miteinander verbinden (z. B. Kombinationen aus Gesundheitsdiensten und Sozialunterstützung), um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Sexarbeitern zu fördern. Sie reduzieren Risiken wie Drogenmissbrauch und sexuell übertragbare Krankheiten und stärken die mentale Gesundheit.

Soziale Unterstützung: Maßnahmen, die SexarbeiterInnen in die Gestaltung von Programmen einbinden, verbessern deren Wirksamkeit. Durch Gemeinschaft und Zusammenarbeit können ihre Rechte gestärkt und ihre Lebensumstände verbessert werden.

  • Straßenbasierte Sexarbeit: Personen bieten ihre Dienstleistungen im öffentlichen Raum an, oft in spezifischen Vierteln. Diese Form ist oft mit hohen Risiken verbunden, da sie meist unreguliert und unsicher ist.
  • Club- und Bararbeit: In Nachtclubs oder Bars bieten Sexarbeiter*innen Dienstleistungen direkt oder als Teil eines Pakets an, oft verbunden mit Tanz oder Unterhaltung.
  • Escort-Services: Sexarbeit erfolgt durch Vermittlung, bei der die Kundschaft private Treffen oder Begleitung zu Veranstaltungen arrangiert. Dies kann von Agenturen oder unabhängigen Personen organisiert werden.
  • Saunen, Massagesalons oder Bordelle: Diese regulierten oder nicht regulierten Einrichtungen bieten Sexarbeit in einem geschlossenen Umfeld an.
  • Cam-Sex und Webcams: Personen bieten virtuelle Dienstleistungen über Video-Streaming-Plattformen an. Dies hat durch Plattformen wie OnlyFans stark zugenommen.
  • Online-Erotik und Sexting: Verkauf von erotischen Bildern, Videos oder Texten über Social Media, spezialisierte Plattformen oder Direktkontakt mit Kundschaft.
  • Virtuelle Realität (VR): Sexarbeit findet zunehmend in immersiven (= Einbetten, Eintauchen -Sprachgebrauch der Computerspiele) VR-Umgebungen statt, die interaktive Erlebnisse bieten.

Quellen: Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V., (BesD) www.berufsverband-sexarbeit.de

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