Bericht über Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten zur Strafvollstreckung.

In Österreich wurde im Jahr 2012 der EU-Rahmenbeschluss zur gegenseitigen Anerkennung von Urteilen in jenen Strafsachen gesetzlich verankert, die eine Gefängnisstrafe oder andere freiheitsentziehende Maßnahmen begründen. Der Beschluss beruhe auf dem Grundgedanken, dass der Strafvollzug in jenem Mitgliedstaat vorzunehmen ist, wo der Resozialisierung des oder der Verurteilten am besten gedient sei. Nunmehr liegt aus dem Justizministerium ein entsprechender Bericht über die Anwendung, die Maßnahmen und Auswirkung der Übernahme der Strafvollstreckung durch den Heimatstaat vor (III-98 d.B.). Dem Bericht zufolge haben „mit beträchtlicher Verzögerung“ mittlerweile alle EU-Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss umgesetzt, zuletzt die Republik Irland mit Wirksamkeit vom 1. März 2023.

Entlastung des Strafvollzugs als Folge von Überstellungen

Der Rechnungshof (RH) hat dem Bericht zufolge 2020 festgehalten, dass hierzulande im Jahr 2018 der Anteil der Häftlinge mit nicht–österreichischer Staatsbürgerschaft (einschließlich Drittstaatsangehöriger) bei mehr als der Hälfte (54 %) lag. Durch Überstellungen zum Strafvollzug in den Herkunftsstaat habe die angespannte Belagssituation in den österreichischen Justizanstalten leicht entschärft und Kosten eingespart werden können. Der RH habe in diesem Zusammenhang aber auch kritisch festgehalten, dass die Überstellungsverfahren im Zeitraum zwischen 2015 und 2018 bei den überwiegend betroffenen EU–Staaten durchschnittlich zwischen sieben Monaten und einem Jahr – bei Drittstaaten sogar bis zu fast zwei Jahren – dauerten. Infolge dieser langen Verfahrensdauer und der teilweise nur ähnlich langen oder sogar kürzeren (Rest–)Freiheitsstrafen der ausländischen Häftlinge sei die Einleitung von Überstellungsverfahren oftmals nicht zweckmäßig gewesen.

Im vorliegenden Bericht des Justizministeriums heißt es dazu, dass man sich auch weiterhin für eine konsequente Anwendung des EU-Rahmenbeschlusses einsetze. Seit dem RH-Prüfzeitraum 2018 seien die Zahlen an Überstellungen weiterhin angestiegen und die durchschnittliche Verfahrensdauer verkürzt worden. So würde einerseits eine Verbesserung der Resozialisierungschancen der verurteilten Personen und andererseits eine weitere Entlastung des heimischen Strafvollzuges, verbunden mit beträchtlichen Kosteneinsparungen, bewirkt. Als Anhang zum Bericht finden sich dazu nach Ländern aufgeschlüsselt die konkreten Zahlen der Ersuchen und Überstellungen von 2013 bis 2023 sowie die durchschnittliche Dauer von Österreich ausgehender Verfahren für diesen Zeitraum.

Zum Verfahren der Überstellung wird im Bericht angeführt, dass in einer Einzelfallprüfung dem Wunsch der verurteilten Person nach Strafvollstreckung im Heimat- oder Aufenthaltsstaat zentrale Bedeutung eingeräumt werde. Wenn in zeitlicher Hinsicht ein positiver Abschluss eines Überstellungsverfahrens innerhalb der zu erwartenden Reststrafzeit zu erwarten sei, werde jedenfalls ein Ersuchen an den Heimat- oder Aufenthaltsmitgliedstaat gerichtet. Wenn aufgrund einer fremdenrechtlichen Entscheidung nicht davon ausgegangen werden könne, dass nach Ende der Strafhaft ein weiterer Aufenthalt in Österreich möglich sei, werde den Resozialisierungschancen auch in jenen Fällen Rechnung getragen, in denen die verurteilte Person einer Übertragung der weiteren Strafvollstreckung nicht zustimmt, so der Bericht.

Problemfelder und proaktive Haltung Österreichs

Es gebe aber auch Faktoren, die eine Überstellung in den Heimat- oder Aufenthaltsstaat behindern oder verzögern, die nicht dem direkten Einfluss der österreichischen Behörden unterliegen, so der Bericht. Dazu zählen etwa lange Überstellungsverfahren in den Vollstreckungsstaaten oder Haftbedingungen in Vollstreckungsstaaten, die nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention bzw. der Charta der Grundrechte der EU entsprechen. Teils gebe es auch Ablehnungen der Überstellung durch manche Staaten trotz Vorliegens eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbots, Verzögerungen durch Übersetzungen von Urteilen und ein oftmaliges Überschreiten etwa der vorgegebenen 30-Tagesfrist bei der Durchführung der Überstellung.

Dem Bericht zufolge halten es Sachverständige unter anderem für erforderlich, auf EU-Ebene Leitlinien für die Berechnung der noch zu verbüßenden Hafttage zu erstellen, um eine gemeinsame Vorgehensweise zu schaffen und das gegenseitige Vertrauen in die vorgenommene Berechnung sicherzustellen. Hervorgehoben worden sei die proaktive Haltung der österreichischen Behörden zur Lösung von Problemen. Wenn es Verzögerungen bei der Anerkennung einer Freiheitsstrafe gebe, würden bilaterale Gespräche mit den Behörden dieser Mitgliedstaaten geführt. Dieser Ansatz könne „eindeutig“ als bewährtes Verfahren gesehen werden, über das alle Mitgliedstaaten informiert werden sollten.

Eigene Überstellungseinheit der Justizwache

Die Korrespondenz zwischen Österreich und den ausländischen Behörden in Bezug auf die tatsächlichen Überstellungen der Häftlinge führt laut Bericht das Innenministerium (Bundeskriminalamt). Bis Anfang 2019 habe dieses im Wege der Amtshilfe auch die Überstellungen von Häftlingen auf dem Luftweg übernommen. Bei Überstellungen auf dem Landweg in Nicht–Nachbarstaaten habe bis Anfang 2019 die Justizwache die zu überstellende Person bis zur österreichischen Grenze befördert und sie dort den Behörden des Transitlandes (vor allem Slowakei und Ungarn) übergeben, die den Weitertransport bis an die Grenze des Ziellandes durchführten. Inzwischen habe das Justizministerium eine eigene Überstellungseinheit in der Justizwache gebildet. Diese führe selbst die Überstellungen auf dem Luftweg, aber auch auf dem Landweg bis zur Grenze des Herkunftsstaates der Häftlinge durch, wobei mit einigen angrenzenden EU-Mitgliedstaaten auch eine Durchbeförderung seitens der österreichischen Eskorte bis an die Grenze des Ziellandes aufgrund bilateraler völkerrechtlicher Vereinbarungen möglich sei

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