Der nun veröffentlichte Artikel „Digitale Sexualdelikte – Tatorte und Tatvarianten von Cybergrooming und kinderpornographischen Delikten“ von Cindy Ehlert, Thomas-Gabriel Rüdiger und Jürgen Biedermann beleuchtet die Phänomenologie des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der kinderpornographischen Delikte, die unter Nutzung des Internets begangen werden. Die Untersuchung basiert auf polizeilichen Falldaten eines Forschungsprojektes der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg (HPolBB), Deutschland.

WhatsApp

WhatsApp nimmt eine zentrale Rolle als Kommunikationsplattform in beiden Phänomenbereichen ein. Der sexuelle Missbrauch von Kindern erfolgt häufig in Form von sexuellen Nicht-Kontakthandlungen, bei denen die Opfer mit pornographischem Material konfrontiert werden. Die Analyse zeigt, dass es systematische Unterschiede in der Tatbegehung zwischen minderjährigen und erwachsenen Tatverdächtigen gibt. Das Alter und Geschlecht der Opfer beeinflussen die Tatbegehung erheblich, beispielsweise beim Versenden von Selbstaufnahmen.

Ein bedeutender Anteil der Tatverdächtigen bei kinderpornographischen Delikten sind Minderjährige. Diese Handlungen stehen oft im Zusammenhang mit jugendlichen Entwicklungsprozessen und Sextingerfahrungen. Die hohe Nutzung von WhatsApp und anderen sozialen Medien durch Kinder und Jugendliche sowie der frühe und oft unkontrollierte Zugang zu Smartphones stellen ein erhebliches Risiko dar. Nach der JIM-Studie 2023 verfügen 96% der 12- bis 19-Jährigen über ein eigenes Smartphone. Bei den 6- bis 13-Jährigen waren es 2022 laut der KIM-Studie 44%, was zeigt, wie tief verwurzelt digitale Kommunikation in diesen Altersgruppen ist.

Präventive Maßnahmen

Präventive Maßnahmen müssen daher an die digitale Lebenswirklichkeit angepasst werden. Eine verstärkte digitale Bildung und Aufklärung der Kinder und Jugendlichen ist notwendig, um deren Bewusstsein für die rechtlichen Konsequenzen ihres Handelns zu schärfen. Eltern und Erziehungsberechtigte sollten stärker in die Verantwortung genommen werden. Dies ist wichtig, da Kinder und Jugendliche am häufigsten auf sozialen Medien wie WhatsApp kommunizieren, was diese Plattformen auch für die Begehung von Sexualdelikten nutzbar macht. Die Realität zeigt jedoch, dass viele Eltern möglicherweise nicht in der Lage oder willens sind, eine kritische Auseinandersetzung mit den Risiken digitaler Medien zu vermitteln.

Die aktuelle Gesetzeslage und die Strafverfolgung sollten an die Erkenntnisse der Forschung angepasst werden. Ein differenzierterer Ansatz bei der Strafverfolgung von Minderjährigen könnte sinnvoll sein, um zwischen kriminellem Verhalten und entwicklungsbedingten Handlungen zu unterscheiden. Es zeigt sich, dass minderjährige Tatverdächtige häufig nicht erneut mit Sexualdelikten in Erscheinung treten, was darauf hindeutet, dass bei ihnen vielfach keine verfestigten sexuellen Neigungen bestehen und ihr Verhalten eher auf entwicklungsbedingte Reifeprozesse zurückzuführen ist.

Der Artikel betont die Notwendigkeit einer umfassenden digitalen Aufklärung und Prävention, um den sexuellen Missbrauch von Kindern und kinderpornographische Delikte effektiv zu bekämpfen. Präventive Maßnahmen und kriminalpolitische Entscheidungen müssen stärker auf die digitalen Realitäten und die besonderen Umstände von Minderjährigen abgestimmt werden. Es wird vorgeschlagen, dass Schulen, Erziehungsträger, die Polizei und externe Stellen gemeinsam an der Vermittlung von Medienkompetenz arbeiten sollten. Dazu gehören auch niedrigschwellige Ansprechmöglichkeiten im digitalen Raum, an die sich Kinder wenden können, wenn sie mit problematischen Inhalten konfrontiert werden.

Abschließend wird hervorgehoben, dass weitere Forschung notwendig ist, um das Verständnis für die Auswirkungen digitaler Sexualdelikte auf Minderjährige und die ursächlichen Faktoren bei deren Entstehung zu vertiefen. Nur durch dieses Wissen können der Opferschutz verbessert und gezieltere Präventionsmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden.

Den Artikel im Original finden Sie hier: Effektive Prävention digitaler Sexualdelikte: Notwendigkeit umfassender Aufklärung und angepasster kriminalpolitischer Maßnahmen

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