Bericht über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von Juni 2024 im Fall Wick gegen Deutschland
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat im Fall Wick gegen Deutschland entschieden, dass Deutschland gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen hat. Die Entscheidung betrifft die mehrfachen Verlegungen von Herrn Wick zwischen verschiedenen Gefängnissen und die strengen Sicherheitsmaßnahmen, die gegen ihn verhängt wurden.
Hintergrund
Herr Wick wurde wegen mehrerer Gewalttaten zu mehreren Gefängnisstrafen verurteilt. Im Januar 2013 griff er einen anderen Häftling im Gefängnis Berlin Tegel an und wurde daraufhin als gefährlich eingestuft und in eine Hochsicherheitsabteilung verlegt. Im Oktober 2013 wurde er für diesen Angriff zu weiteren neun Jahren Haft verurteilt und sollte anschließend in Sicherungsverwahrung bleiben.
Zwischen 2013 und 2020 wurde Herr Wick 16 Mal in verschiedene Gefängnisse verlegt, wobei er jeweils nur wenige Monate in jeder Einrichtung blieb. Zudem wurde er in Einzelhaft gehalten und ständig per Video überwacht. Die Behörden machten nicht klar, ob diese Verlegungen dauerhaft oder vorübergehend waren, was zu Verwirrung darüber führte, welches Gefängnis für ihn zuständig war.
Beschwerde von Herrn Wick
Herr Wick beschwerte sich darüber, dass er keine Möglichkeit hatte, die gegen ihn verhängten strengen Sicherheitsmaßnahmen und die häufigen Verlegungen vor Gericht anzufechten. Seine Anträge wurden entweder nicht geprüft, weil er bereits verlegt worden war, oder die Gerichte sagten, dass er seinen Antrag an das falsche Gefängnis gerichtet habe.
Rechtliche Bewertung des EGMR
Der EGMR stellte fest, dass die strengen Sicherheitsmaßnahmen wie Einzelhaft und Videoüberwachung sein Privatleben stark beeinträchtigten und daher sein Recht auf ein faires Verfahren verletzten. Auch die häufigen Verlegungen machten es ihm schwer, an Therapien teilzunehmen und sich sozial zu rehabilitieren.
Entscheidung des Gerichts
Der EGMR entschied, dass keiner von Herrn Wicks Anträgen auf eine gerichtliche Überprüfung seiner Situation geprüft wurde. Die Gerichte und Behörden gaben widersprüchliche Informationen darüber, welches Gefängnis zuständig war. Diese Unklarheiten waren nicht Herrn Wick anzulasten, sondern resultierten aus schlechter Kommunikation zwischen den Behörden.
Der Gerichtshof betonte, dass Herr Wick nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass er keine weiteren rechtlichen Schritte unternahm, deren Erfolg ungewiss war. Die widersprüchlichen Entscheidungen der Behörden machten es ihm unmöglich, seine Rechte geltend zu machen, sodass der EGMR zu dem Schluss kam, dass sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt wurde.
Schlussfolgerung
Der EGMR entschied, dass Deutschland gegen das Recht von Herrn Wick auf ein faires Verfahren verstoßen hat, da ihm keine wirksame Möglichkeit gegeben wurde, die strengen Sicherheitsmaßnahmen und die häufigen Verlegungen vor Gericht anzufechten.
Die Entscheidung im französischen Original können Sie hier nachlesen: https://hudoc.echr.coe.int/?i=001-233987