Diese Frage stellen sich alle, die mit Bekannten oder Verwandten kommunizieren möchten, von denen es heißt, sie würden sitzen – hinter Schwedischen Gardinen.
Nun, wohin soll man sich wenden, wenn Schmerz und Gram der Adressfindung drücken? Den Beamten wie dem Sozialen Dienst ist es gesetzlich verboten, den Aufenthalt einer Person als Häftling in einem Gefängnis bekanntzugeben, aus Gründen des Schutzes der Intimsphäre des Bürgers. Der an einem Kontakt interessierte Bürger steht somit vor einem Rätsel, das er offenkundig selbst nicht lösen kann.
Zwar können Häftlinge jederzeit per Post alle kontaktieren, von denen sie die Adresse wissen, was aber, wenn dem nicht der Fall ist? Sollten sie nicht zufällig die betreffende Telefonnummer haben oder in Erfahrung bringen können, bleibt noch Bekannte oder gegebenenfalls den Sozialen Dienst der Justizanstalt recherchieren zu lassen.
Somit erfahren weder am Kontakt Interessierte die Adresse der Justizanstalt, noch erfahren Häftlinge jemals, dass irgendjemand mit ihnen seit langem kommunizieren möchte.
Das Gesetz formuliert eindeutig:
Soziale Betreuung § 75 Strafvollzugsgesetz (StVG)
(1) Die Strafgefangenen sind anzuleiten, Beziehungen zu ihren Angehörigen zu pflegen, soweit dies ohne Beeinträchtigung des geordneten Dienstbetriebes in der Anstalt möglich und soweit zu erwarten ist, daß dies die Strafgefangenen günstig beeinflussen, ihr späteres Fortkommen fördern oder sonst für sie von Nutzen sein werde.
Wie das unter den oben dargestellten Umständen erfolgen soll, bleibt die zu lösende Gretchenfrage. Im Augenblick sieht das Vorgehen für rechtschaffene BürgerInnen so aus:
- Sie schreiben an das Bundesministerium für Justiz (BMJ) beziehungsweise an die Generaldirektion einen Brief, in dem sich ein weiterer Brief an den eigentlichen Empfänger befindet.
- Das BMJ leitet den Brief an jene Justizanstalt weiter, die den Häftling verwahrt.
- Es bleibt allein diesem überlassen zu antworten, wenn es ihm belieben sollte.
Es stellt sich heraus, dass die Situation sich ähnlich wie beim Christkind darbietet: Jedes Kind weiß, dass es einen Brief ans Christkindl-Postamt senden darf, doch niemals Antwort erhalten wird. Nur die Geschenke unterm weihnachtlich geschmückten Tannenbaum können Hinweise darstellen, dass das Christkind den Brief auch gelesen haben dürfte.
Für Häftlinge sind damit sind alle Rechte auf Geheimhaltung ihrer Identität in Haft jedenfalls gewahrt und sie allein können im Sinne des § 75 StVG den Kontakt suchen oder diesen geflissentlich, aus welchen Gründen auch immer, ignorieren. Worin dabei die gesetzlich verpflichtete Anleitung zu förderlichen Beziehungen zu finden sein soll, bleibt allerdings rätselhaft.
Es ist absolut nicht nachvollziehbar, warum – bei all diesen offenkundigen Fakten und fehlender Gesetzestreue – die werte Generaldirektion des BMJ noch nie auf die Idee gekommen ist, zumindest diese grundlegende Information auf der Homepage (www.BMJ.gv.at) unter dem Menüpunkt: Bürger:innenservice zu publizieren.
(vgl. dazu Art. 8 B-VG – https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/1930/1/A8/NOR40066723)
Autor: Vitus (Pseudonym), Name der Redaktion bekannt.
Die Ansichten in diesem Kommentar sind die des Autors und müssen nicht zwangsläufig mit jenen der Redaktion übereinstimmen.
Mangelnde Transparenz, hat System?
Als selbst betroffener Angehöriger ist mir ebenfalls die mangelnde BürgerInnen Service leider in vielen Bereichen aufgefallen. Die immer gleiche Ausrede auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte ist dann besonders schlimm, wenn eine Straffällig gewordene Person keine unmittelbare im Sinne des Gesetzes gereihten Angehörigen hat, sondern nur Bekannte, diese haben dann nämlich auch keinen Recht Status. Anwältinnen und Anwälte sind oft ebenso wenig hilfreich. Mein Bekannter z. B bekam erst nach 14 Monaten in U Haft !! den 1. Besuch durch mich. Ich selbst erfuhr über die Medien von seinem Fall, und machte mich bei der ersten HV bemerkbar. Danach erst konnte ich notwendige Schritte einleiten. Er ist jedoch kein Einzelfall, bei dem keine Angehörigen vorhanden sind. Also zusätzlich zur Strafe, ist auch noch eine Isolation zur Außenwelt die Folge.
Es braucht also eine niederschwellige Kontaktstelle.
Noch ein Tipp:
Merken Sie sich das Geburtsdatum Ihres Bekannten (Angehörigen), ein Name alleine reicht nicht, für die Suche.