Ein leuchtendes Zeichen gegen die Dunkelheit der Gewalt – und ein Appell für mehr Schutz, Prävention und Solidarität.
Von orange beleuchteten Gebäuden bis hin zu eindringlichen Appellen in den Medien – jedes Jahr machen die 16 Tage zwischen dem 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, und dem 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, weltweit auf ein erschreckendes Problem aufmerksam: Gewalt gegen Frauen. Die Kampagne „Orange the World“ dient dabei nicht nur als starkes Symbol, sondern auch als dringender Weckruf an die Gesellschaft. In Österreich sind die Zahlen besorgniserregend, und sie verdeutlichen die Notwendigkeit einer gemeinsamen Anstrengung, diese Gewalt zu beenden.
Ein globales Problem mit lokaler Dimension
Weltweit wird jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens Opfer von physischer, psychischer oder sexueller Gewalt. Auch in Österreich zeigen die Zahlen ein alarmierendes Bild: Laut einer Studie der Statistik Austria aus dem Jahr 2021 haben 34,5 % der Frauen ab ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Besonders betroffen sind junge Frauen, Migrantinnen und Frauen in prekären Lebenssituationen. Gewalt ist dabei keineswegs auf den privaten Raum beschränkt – sie manifestiert sich am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit und in Online-Räumen.
Die traurige Realität zeigt sich besonders deutlich in der Statistik der Femizide: Im Jahr 2024 wurden bis Oktober bereits 22 Frauen in Österreich Opfer tödlicher Gewalt, davon elf allein in Wien. Ein besonders schockierender Fall ereignete sich im Oktober 2024 im Wiener Bezirk Hernals. Ein 66-jähriger Mann erschlug seine 62-jährige Ehefrau auf dem Balkon ihrer gemeinsamen Wohnung. Nachbarn wurden Zeugen der Tat und alarmierten die Rettungskräfte, doch jede Hilfe kam zu spät. Der Täter wurde noch vor Ort festgenommen und leistete keinen Widerstand. Dieser Fall ist nur einer von vielen und verdeutlicht, wie dramatisch die Lage in Österreich ist.
Österreichs Engagement und Herausforderungen
Die Kampagne „Orange the World“ wird in Österreich zunehmend unterstützt. 2021 erstrahlten über 250 Gebäude, darunter das Wiener Rathaus, der Grazer Uhrturm und die Festung Hohensalzburg, in orangefarbenem Licht. Diese sichtbaren Zeichen sind ein wichtiger Schritt, um das Bewusstsein für das Thema zu schärfen und die Solidarität der Gesellschaft zu zeigen. Doch symbolische Aktionen alleine reichen nicht aus.
Ein zentraler Punkt im Kampf gegen Gewalt an Frauen ist die Istanbul-Konvention, die Österreich 2014 ratifiziert hat. Dieses Abkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, umfassende Maßnahmen zur Prävention, zum Schutz und zur Strafverfolgung geschlechtsspezifischer Gewalt zu ergreifen. Dazu gehört auch die Bereitstellung von Schutzunterkünften. Pro 10.000 EinwohnerInnen sollte ein Notbett für Gewaltopfer verfügbar sein. Österreich bräuchte demnach rund 890 Notbetten, stellt aber nur 766 zur Verfügung – ein deutlicher Mangel, der insbesondere in ländlichen Regionen spürbar ist.
Gewaltprävention beginnt bei der Bildung
Neben Schutzmaßnahmen ist Prävention ein zentraler Aspekt, um Gewalt langfristig zu reduzieren. Bildung und Aufklärung spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Viele Initiativen setzen daher auf die Vermittlung von Wissen über Gewaltformen, Gleichberechtigung und die Stärkung von Mädchen und Frauen. Schulen, Jugendorganisationen und Medien sind wichtige Multiplikatoren, um stereotype Geschlechterrollen zu hinterfragen und eine Kultur der Respektierung und des Verständnisses zu fördern.
JedeR kann etwas tun
„Orange the World“ ist mehr als nur eine Kampagne – es ist ein Aufruf an jede:n Einzelne:n, gegen Gewalt an Frauen Stellung zu beziehen. Dies kann durch Gespräche, das Teilen von Informationen oder die Unterstützung lokaler Frauenhilfsorganisationen geschehen. Auch Spenden an Frauenhäuser und Beratungsstellen können einen wichtigen Beitrag leisten. Für betroffene Frauen, wie die 62-Jährige aus Wien, die ihr Leben verlor, kommen Maßnahmen oft zu spät – umso wichtiger ist es, rechtzeitig zu handeln und den Schutz für gefährdete Frauen zu verstärken.
Die Kampagne erinnert uns daran, dass Gewalt an Frauen kein privates Problem ist, sondern ein gesellschaftliches. Österreich hat in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, doch die Zahlen zeigen, dass noch viel zu tun bleibt. „Orange the World“ leuchtet nicht nur, um auf ein Problem hinzuweisen – es leuchtet, um Hoffnung zu geben und eine gerechtere, sichere Welt für alle zu schaffen.
Jeder Mann, jede Frau kann zur Unterstützung in dieser Zeit ja auch einen orangen Schal, orange Haube oder orange Handschuhe tragen. Oder sonst etwas in dieser Farbe, was man auf der Straße sehen kann.