Nach dem ersten offenen Brief aus der JA Graz-Karlau, erreichte uns ein weiterer von einem der damaligen Verfasser.

Anmerkung der Redaktion: dieser Beitrag spiegelt die von uns nicht überprüfbare subjektive Meinung und Darstellung des Verfassers wieder.

An die Generaldirektion für den Strafvollzug, BMJ
Sehr geehrte Damen und Herren!

Da ich nicht mehr weiterweiß, wende ich mich mit diesem offenen Brief an Ihre Behörde und ich ersuche Sie dringendst um die Überprüfung zur Einhaltung der gesetzlichen Standards, sowie um die Einhaltung der Menschenrechte in dem Ihrem Resort unterstellten Maßnahmenvollzug, in der Justizanstalt Graz-Karlau.

Anhand meines Falles erlaube ich mir das Versagen im Maßnahmenvollzug aufzuzeigen und ich ersuche Sie um die zeitnahe Regulierung des nicht länger haltbaren Zustands.

Ich werde nunmehr seit über zweieinhalb Jahren über der vom Gericht verhängten Freiheitsstrafe von 36 Monaten, in der Justizanstalt Graz-Karlau, einer nicht mehr länger ertragbaren Perspektivlosigkeit ausgesetzt.

Bereits seit Oktober 2023 verfüge ich über ein vom Vollzugsgericht in Auftrag gegebenes Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen, welcher sich für Vollzugslockerungen und die anschließende bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug ausspricht.

Seit dem Gutachten unternehmen die Verantwortlichen in der Justizanstalt aber alles nur Erdenkliche dafür, um eine Entlassung zu verhindern.

Besonders hervorheben möchte ich die dem anstaltsinternen Fachteam zugehörige und mir zugeteilte Case-Managerin. Sie hat mir bereits kurze Zeit nach der Zustellung des Gutachtens mitgeteilt, dass sie das Gutachten nicht versteht, und dass sie weder die Erteilung der empfohlenen Vollzugslockerungen zustimmt, und dass sie natürlich auch eine Entlassung nicht forciert weil sie mir ab sofort nur mehr das zugesteht was sie unbedingt muss.

Aufgrund dessen hat sie auch bereits zu Jahresbeginn 2024, die etwa 2 Jahre laufende Einzeltherapie gestoppt, welche in Gutachten explizit als erfolgreich beschrieben wird und auch bis vom Fachteam der Justizanstalt als positiv bewertet wurde!

Das bedeutet, dass sie ihre Drohung wahrgemacht hat, und dass ich im Forensisch-Therapeutischen-Zentrum, im ganzen Jahr 2024, weder eine Therapie hatte noch dass irgendwelche zukunftsorientierten Gespräche stattgefunden hätten. Die Erklärung dahinter ist jene, dass sie immer wieder auf dem im Einweisungsgutachten lediglich vermuteten sexuellen Sadismus anspielt und diese nicht vorhandene Störung mit aller Macht versucht zu finden.

In ihrer Funktion als Case-Managerin, lässt sie dabei weder Gegenargumente noch gerichtliche Feststellungen gelten, dass diese sexuelle Präferenzstörung nicht vorliegt.

So wurde bereits bei der Hauptverhandlung anhand eines Gegengutachtens belegt, dass diese vermutete Störung in der nur vier Minuten andauernden Exploration für das Einweisungsgutachten, noch nicht mal als Vermutung festgestellt hätte werden können.

Weiters wurde auch von einem vom LG Graz im Auftrag gegebenen Sachverständigen auch im Frühjahr 2023, kein sexueller Sadismus festgestellt und dies auch im Mai 2023, vom OLG Graz bestätigt.

Trotz aller vorliegenden Beweise versucht sie aber weiterhin in ihrer Funktion als Case Managerin, den im Einweisungsgutachten vermuteten sexuellen Sadismus aufrecht zu erhalten, um etwaige Behandlungsfehler ihrerseits zu rechtfertigen.

Es stellt sich ohnehin die Frage, wie sie als zugeteilte Case-Managerin, auf ihre Einschätzung kommt, die sie dem Gericht und dem Fachteam mitteilt da es kaum Gespräche mit ihr gibt. So zB. hat es heuer überhaupt erst wenige Kontakte mit ihr gegeben, wobei es über einen Zeitraum von zweieinhalb Monate hindurch überhaupt kein Gespräch gab.

Ein sehr kurzes eher zufälliges Gespräch mit ihr gab es am Flur nach meiner vertagten Anhörung zur bedingten Entlassung am 5. Oktober 2024, bei welcher vom Gericht festgestellt wurde, dass ich keine Therapie habe. Da hat sie mit empfohlen, dass ich doch die erwiesenermaßen nicht vorhandene sexuelle Störung zuzugeben soll, damit sie eine Therapie einleiten kann!

Das letzte offizielle persönliche Gespräch mit ihr war bereits am 7. Oktober 2024, wo sie mir auf meine Frage hin, weshalb sie sich weder an das Gutachten, welches die Entlassung empfiehlt, noch an die vom OLG bestätigte Feststellung hält, dass kein sexueller Sadismus vorliegt, geantwortet hat: sie kann machen, was sie für richtig hält, und sie muss sich von niemanden etwas vorschreiben lassen….

Ich möchte nicht jammern und ich übernehme für meine Fehler auch die absolute Verantwortung, jedoch möchte ich aufzeigen, dass mir aufgrund der absolut perspektivlosen Anhaltung jede Hoffnung und Perspektive geraubt wird und mir jede Chance zum Beweisen der Besserung genommen wird.

Für die Verantwortlichen im Maßnahmenvollzug ist es absolut einfach, Menschen potentiell lebenslang wegzusperren da keinerlei Haftung übernommen werden muss. Mittlerweile wird sich ja sogar über die vom Vollzugsgericht in Auftrag gegebenen Gutachten hinweggesetzt, selbst dann, wenn diese positiv ausfallen.

Daraufhin wird vom Fachteam mit wortkreativen Argumenten einfach die weitere Anhaltung des Untergebrachten empfohlen, und im Regelfall hält sich das Vollzugsgericht auch an die Empfehlung des Fachteams.

Das Fachteam wiederum behauptet den Insassen gegenüber, dass die alleinige Verantwortung der weiteren Anhaltung beim Vollzugsgericht liegt und schiebt die Verantwortung dorthin ab. Es ist ein nahezu ewiger Kreislauf des hin und Herschiebens der Verantwortung.

Es handelt sich bei meinen Schreiben gewiss um keine neuen Feststellungen im Versagen des Maßnahmenvollzugs, da viele Missstände schon lange bekannt sind, diese aber einfach toleriert werden.

Ich habe bereits im September 2024, die Leiterin des Maßnahmenvollzugs der Justizanstalt Graz-Karlau, im Zuge eines Rapports darauf hingewiesen, dass ich absolut perspektivlos angehalten werde und dass mir niemand sagt, wie es weitergeht, weil es ja kaum Gespräche gibt.

Auf meine Feststellung hin, dass es sich für mich wie eine schier endlose Folter anfühlt war ihre lapidare Antwort, dass sie das nicht so sieht, und ich von der Case-Managerin ohnehin therapeutisch betreut werde. Ich vermute sogar, dass dies im Fachteam so kommuniziert wurde. Dieses Gespräch war dann somit auch beendet.

Ich habe die Leiterin des Maßnahmenvollzugs auch schon einige Monate vorher schriftlich darauf hingewiesen, dass es mit der von ihr zugewiesenen Case-Managerin, seit Monaten kein Gespräch gibt und habe sie diesbezüglich um Aufklärung ersucht. Diese hat niemals stattgefunden und mein Ansuchen, welches an die Leiterin gerichtet war, wurde im Anschluss einfach von der betreffenden Case-Managerin bearbeitet.

Nach juristischer Auskunft weiß ich mittlerweile, dass diese Form der an mir praktizierten Anhaltung einen Verwahrungsvollzug gleichkommt und schwer menschenrechtswidrig ist. Diesbezüglich wird aller Voraussicht nach auch eine zeitnahe Prüfung bei der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben.

Aber dennoch möchte ich weder mit der geplanten staatsanwaltlichen Überprüfung noch mit meinem offenen Brief irgendjemanden Schaden, und bin der Meinung, dass ich an meiner Verurteilung selbst schuld bin.

Aber dennoch verdiene ich so wie jeder Mensch eine Perspektive im Leben und eine menschenrechtskonforme Behandlung. Ich habe in diesem Brief bewusst die betreffenden Namen weggelassen, da mir die verlorene Lebenszeit ohnehin niemand ersetzen kann.

Um der Wahrheitsfindung behilflich zu sein bin ich dazu bereit, alle Schriftsätze, Gutachten und alles Erforderliche offen zu legen.

Mit freundlichen Grüßen

G.S.

One Reply to “Offener Brief aus dem Maßnahmenvollzug”

  1. Diese für mich glaubwürdige Darstellung der Praktiken im Massnahmenvollzug aus Sicht eines Betroffenen, macht mich sehr traurig, gleichzeitig, zornig. Diese Hilflosigkeit die der Verfasser des Briefes ausdrückt, ist für mich jedenfalls glaubwürdig.

    Ich bin mir sehr sicher, jeder Mensch der schon einmal in einer Situation der Perspektivlosigkeit war, kann nachvollziehen das diese Situation krankmachend wirkt. Das steht jedoch zu 100% im Gegensatz zum gesetzlichem Auftrag der Beschäftigten im Straf und Massnahmen Vollzug.

    Die Schilderungen,
    „Da hat sie mit empfohlen, dass ich doch die erwiesenermaßen nicht vorhandene sexuelle Störung zuzugeben soll, damit sie eine Therapie einleiten kann!“, fühlen sich sogar für mich als eine gewisse Form von „Erpressung“ an. Insbesondere wenn Gutachten vorliegen, welche eine Krankheit wieder legen. Ich frage mich auch, mit welchem Recht nimmt sich eine Mitarbeiterin einer JA für derart wichtig, dass sie sich über die Erkenntnisse Fachspezifischer Expert*innen, sogar auch noch gerichtlicher Entscheidung hinwegsetzt? Welche Machtbefugnisse werden einer „Case Managerin“ zugeschrieben? Anstatt eine „Krankheitseinsicht“ zwangs weise ab zu verlangen, würde es Ziel führender sein, eine Therapie Willigkeit (Fähigkeit) als einziges Kriterium festzulegen. Meiner bescheidenen Meinung nach geht es bei einer Psychotherapie vordergründig um Unterstützung, wie auch um eine gesunde längerfristige Beziehungsarbeit. Keinesfalls um Abhängigkeit, oder Macht Ausübung. Wenn bei Therapeut oder Klient jedoch Barrieren im Kopf vorhanden sind, dann ist eine Unterstützung unmöglich. Bestimmt ist dies auch im Forensischen Kontext so.
    Natürlich ist der Brief eine einseitige Darstellung eines „Untergebrachten“ der seine Strafe bereits hinter sich hat, es gibt hier keine Gegendarstellung.
    Es wäre also sehr hilfreich, würden digitalisierte Daten welche auch von den Untergebrachten gegengezeichnet werden zu Verfügung stehen, um den Therapie Verlauf insbesondere der verbrachten Zeit nachvollziehbar und auch beweisbar zu machen. Bestimmt gibt es Dokumentationen (Pflicht), aber die Frage bleibt, halten diese einer Prüfung einer unabhängigen Kommission stand, sind diese einseitigen Aufzeichnungen Sicher gegenüber Manipulation? Dieser geschilderte Hilferuf, ist bekanntlich kein Einzelfall. Österreich wurde für Verfehlungen der Praktiken im Maßnahmenvollzug bereits 2x vom EUGH verurteilt.

    Ich möchte niemand beschuldigen, es gilt die Unschuld Vermutung, allerdings löst dieser Hilferuf eines reuigen (im Text eindeutig) ehemaligen Straftäter Mitgefühl bei mir aus.
    Vielleicht unterscheidet mich das auch von Menschen dessen Emotionen offensichtlich durch ein undurchsichtiges geschlossenes System abhanden gekommen sind.

    Dazu die Frage an die Case Manager*innen, was macht Menschen zu Menschen?

    Ich wünsche allen Betroffenen die Art von Unterstützung welche hilfreich für sie selbst, wie auch die Gesellschaft auslöst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert