Das Oberlandesgericht (OLG) Graz hebt Teile einer Entscheidung zur vorläufigen Unterbringung eines Tatverdächtigen auf und stellt klar, dass eine vorläufige Unterbringung in einem Forensisch-Therapeutischen Zentrum (FTZ) oder in psychiatrischen Kliniken erfolgen muss. Die Entscheidung in welcher Einrichtung die Unterbringung erfolgt wird im Bundesministerium für Justiz getroffen.

Das OLG Graz hat am 24. April 2024 in einem Beschluss (10Bs121/24f) klargestellt, dass Personen, die nach § 21 Abs 2 Strafgesetzbuch (StGB) als geistig abnorm eingeschätzt werden, nicht in Justizanstalten untergebracht werden dürfen. Stattdessen muss ihre vorläufige Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum (FTZ) oder einer psychiatrischen Klinik erfolgen. Damit wurde ein Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz teilweise aufgehoben.

Das Landesgericht Graz | Foto: Wikipedia, Iswal

Hintergrund des Falls

Der Angeklagte A* steht unter dem dringenden Verdacht, ein Tötungsdelikt nach § 75 StGB begangen zu haben. In einer Haftverhandlung am 2. April 2024 ordnete das Landesgericht für Strafsachen Graz seine vorläufige Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum an. Zudem verpflichtete es die betroffene Einrichtung, den Angeklagten aufzunehmen und für dessen Sicherung zu sorgen.

Dagegen legte die Betreiberin der Einrichtung, die B* mbH, Beschwerde ein. Sie argumentierte, dass das Gericht nicht befugt sei, eine bestimmte Einrichtung zur Aufnahme zu verpflichten.

Die Entscheidung des OLG Graz

Das OLG Graz gab der Beschwerde teilweise statt. Es stellte fest, dass zwar die vorläufige Unterbringung eines Tatverdächtigen durch das Gericht beschlossen werden muss, die Wahl der konkreten Einrichtung jedoch in den Zuständigkeitsbereich des Justizministeriums und der Vollzugsbehörden fällt. Gleichzeitig wurde klargestellt, dass Personen, die nach § 21 Abs 2 StGB als geistig abnorm eingestuft werden, keinesfalls in Justizanstalten untergebracht werden dürfen.

Rechtliche Einordnung

Nach § 431 Strafprozessordnung (StPO) muss eine Person, die einer schweren Straftat dringend verdächtig ist und bei der ein Haftgrund besteht, vorläufig in einem forensisch-therapeutischen Zentrum oder einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden. Laut § 432 StPO wird die konkrete Einrichtung durch das Justizministerium bestimmt, nicht durch das Gericht.

Seit Inkrafttreten des Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetzes 2022 am 1. März 2023 ist eine Unterbringung von Personen nach § 21 Abs 2 StGB in einer Justizanstalt unzulässig. Vielmehr ist deren Unterbringung ausschließlich in spezialisierten Einrichtungen vorgesehen, die medizinische Betreuung gewährleisten können.

Auswirkungen der Entscheidung

Diese Klarstellung verhindert zukünftige Missverständnisse über den Unterbringungsort von Tatverdächtigen mit psychischen Erkrankungen. Da gegen die Entscheidung des OLG Graz kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist, bleibt diese Auslegung nun rechtsverbindlich bestehen. Dies schafft für alle Beteiligten mehr Rechtsklarheit im Umgang mit der vorläufigen Unterbringung von psychisch auffälligen Tatverdächtigen.

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