Seit dem Jahr 2013 besuchten meine damaliger Partner und ich Herrn Mag. L. A. in der JA Stein. Ich kannte L. A. schon Jahre vorher und da es sich ergab, dass 35 Jahre Buddhismus in Österreich gefeiert werden sollte, wollte ich ihm trotz seiner Verfehlung die Möglichkeit geben, wieder malen zu können und mit seinen Werken an die Öffentlichkeit zu treten.
Mein Vorschlag an die damalige Leitung der JA Stein war, Ausstellungen Literatur- und Musikveranstaltungen von drinnen und draußen gemeinsam zu organisieren, um eventuell manchem Insassen Kontakte zur Außenwelt nach einer Freilassung zu ermöglichen. Vermutlich wurde mein Vorschlag als zu exotisch angesehen, auf jeden Fall konnte er nicht realisiert werden.
Trotzdem war es durchaus einfach, einmal an einem Samstag im Monat in der Justizanstalt Herrn Mag. L. A. zu besuchen. Wir halfen mit anderen Freunden, das Buch „Gedanken ab 60“ zu realisieren, indem vieles durchdacht und durcharbeitet wurde, was zum Geschehen und zum Nachher geführt hat.
Im Wesentlichen verschlechterte sich alles, als Herr Gaupmann interimistisch die Leitung übernahm. Ob es Zufälle waren, oder ob alles bedacht war? Ich kann es nicht sagen. Auf jeden Fall war es kaum mehr oder gar nicht mehr möglich, einen Besuch an einem Samstag zu bekommen. Für Menschen, die in einem so genannten normalen Beruf berufstätig sind, wurde damit der Besuch unmöglich gemacht. Strafe für Insassen der Justizanstalt? Strafe für Verwandte und Freunde? Wer weiß, was in den Köpfen von Menschen, die so etwas aushecken, pardon: organisieren, vor sich geht?
Unzufriedenheit schafft Unruhe! Wollte man zeigen, dass man Unruhe nieder machen kann? Für Menschen mit Machthunger und geringem Selbstwert eine Möglichkeit zur Selbstbestätigung.
Die Zeitschrift Pappelblatt, bei der ich seit zehn Jahren redaktionell mitarbeite, die vier Mal jährlich erscheint, wurde von Beginn an Herrn L. A. geschickt und auch in der Bibliothek aufgelegt. Herr Gaupmann schickte mir die Zeitschrift zurück. Als ich ihn anrief, erklärte er mir, der Insasse müsse zuerst ein Ansuchen schreiben, danach könne er sich die Zeitung in der Trafik kaufen. Ich erklärte ihm, dass man diese Literatur-Zeitschrift nicht in der Trafik kaufen kann, sondern nur über mich oder den Herausgeber bestellen. Dann stellte ich fest, dass sein Vorgänger somit zehn Jahre lang ungesetzlich gehandelt haben müsse. Darauf stellt Herr Gaupmann fest, dass man mit mir nicht reden könne und legte auf.
Herrn L. A. waren zuvor vom vorigen Anstaltsleiter, mit dem Ziel einer nicht allzu fernen Entlassung, Freigänge zugesagt worden, da er eine vorzügliche Führung vorweisen konnte. In diesem Zeitraum, in der Adventzeit 2023 konnte L. A. mich in Wien, in Begleitung eines Justizbeamten, privat besuchen.

Doch nun war alles anders: Ausgänge wurden angesagt und grundlos wieder abgesagt. Nicht einmal, keine zehn Mal, unzählige Male. Dasselbe war mit Videotelefonaten mit einem alten Freund aus Israel. Alt im wahrsten Sinne des Wortes, der Mann, Herr R., ist weit über 80 Jahre alt und eine tiefe Freundschaft verbindet die beiden. Somit war der alte Mann, der sich mit seiner Gattin die Zeit einteilte, auch jedes Mal mit gestraft, sekkiert. Wofür?
Für mich stellt sich die Frage, ob Menschen, die eine solche Leitungsposition einnehmen, keine entsprechenden Ausbildungen im Umgang mit Menschen haben? Soziologie, Pädagogik, Psychologie Studium, therapeutischen Ausbildungen und dergleichen, sollten Voraussetzung sein. Ein aufgeblähtes Ego richtet einfach Schaden an, ohne jede Verantwortung, wie es mir scheint.
Herr L. A. hatte als Künstler die Aufgabe, in der Ergotherapiegruppe vorrangig zu arbeiten und sie mehr oder weniger zu leiten. Das stieß eine neu hinzu gekommenen Ergotherapeutin sauer auf, wahrscheinlich war es auch Konkurrenzdenken, die sie zu ihren etwas seltsamen Interaktionen führte. Ergebnis war, dass ihre Anzeige zwar zurück gewiesen wurde, L. A., der bis dahin eine Einzelzelle hatte, als Jude in eine Doppelzelle in die islamische Abteilung verlegt wurde.
Schaut man dann mit Häme zu, ob sich die Typen in der Zelle, gerade, in der gegenwärtigen Israel – Palästina Situation, die Schädel einschlagen?
L. A. ging in den Hungerstreik. Da wurde er ohne vorherige Information nasch Karlau überstellt, obwohl er vorher unzählige Male um Überstellung nach Hirtenberg angesucht hatte. Er hatte nicht einmal eine Zahnbürste oder Hausschuhe, als ich ihn kurz danach das erste Mal in Karlau besuchte.
Dazu fällt der eingeschalteten Volksanwaltschaft nur die Stellungnahmen des Bundesministerium für Justiz ein, welche berichtet, dass eine Überstellung nach Karlau bereits im Mai 2024 von der JA Stein angesucht wurde, weil sich angeblich Insassen mit einer Unterschriftenliste über das Verhalten von L. A. beschwert hätten. Genaueres wird nicht gesagt. Ich weiß dazu, dass die Beschwerden anders herum liefen, dass sogar nachts über die Stockwerke gebrüllt wurde und von den Diensthabenden nichts dagegen unternommen wurde. Welche Sicherheitsgründe das gewesen sein wollen, die zur Überstellung führten, wäre ebenfalls interessant, wo Herr Mag. L. A. nachweislich ein einwandfreies Führungszeugnis hat.
Angeblich wäre er Insasse auch über den Transport, der auf Grund von zu vielen „Effekten“ (mit wurde erörtert, das seien Gepäckstücke) im Bus in einem „Einzelhaftraum, einer Kiste 50x50x150cm, transportiert wurde, vorher informiert worden. Für mich hört sich ein solcher Transport vor allem bei einer älteren Person nach Folter an und ist auch nach Aussage von medizinisch geschulten Personen gefährlich, weil eine Thrombose damit herbei geführt werden könnte. Eigentlich hatte ich naiv gedacht, dass die Volksanwaltschaft sich für die Rechte von Menschen in Ausnahmesituationen einsetzt, für Menschen, denen Rechte verdreht oder entzogen wurde. Dass sie sich ausschließlich Informationen von der Justizanstalt holt, wo sogar gefährliche Provokationen passiert sind, Vorkommnisse entweder nicht geschildert oder verdreht werden und das dann dem Insassen als Tätigkeit der Volksanwaltschaft zugeschickt wird, irritiert mich.
Auf welcher Seite steht die Volksanwaltsschaft? Scheinbar nicht mehr auf Seiten derer, die sich keinen Anwalt leisten können. Außerdem empfinde ich dieses Schreiben, auf das ich geantwortet habe und gewisse Fragen gestellt habe, die sich mit den obigen Zeilen decken und auf das ich bis jetzt keine Antwort erhielt, als eine neuerliche Provokation.
In meiner Jugend gab es einen Justizminister Broda. Dessen Anliegen war Resozialisierung. Sicher kann man nicht jede Untat mit seelischen Problemen ergründen. Doch gilt meine Einstellung noch immer, dass im Allgemeinen der /die Probleme schafft, der/die selbst Schwierigkeiten hat und sie nicht lösen kann.
Daraus folgt, dass unsere derzeitige Justiz eine Hassjustiz ist. Wollen wir überlegen, wozu Strafe dient: Das Strafrecht verfolgt eine repressive als auch eine präventive Funktion. Zum einen dienen Strafen der Vergeltung von Rechtsverletzung (repressive Funktion), zum anderen sollen sie zur Verhütung zukünftiger Straftagen beitragen (präventive Funktion) durch Abschreckung und Besserung des Täters.
Ich denke, wenn jemand lernt, auch in einer Justizanstalt bei guter Führung mit Respekt behandelt zu werden, wird er auch später anders, als vorher, agieren.
Wenn aber jemand nach einer Straftat Jahrzehnte von Intrige, Bösartigkeit, Unverlässlichkeit, Machtrausch und Lügen geführt und gelenkt wird, ja gebrochen werden soll, wie soll er resozialisiert in die Gesellschaft entlassen werden? Ich sehe es so, dass solch eine Person nachher gefährlicher ist, als vorher, Ausnahmen ausgenommen.
Welche eine Gesellschaft haben wir und welche wollen wir haben? Wie oben, so unten, heißt es. Haben wir derzeit Politiker als Vorbild? Gibt es noch Moral und Ethik in unserer Gesellschaft? Bei wem gilt noch ein Handschlag als Versprechen? Oder ist es schon voll gesellschaftsfähig geworden, sich zu übervorteilen, den anderen zu betrügen, falsche Informationen und Panik zum eigenen Vorteil zu verbreiten, um dann nach einiger Zeit als der große, erfolgreiche, gut vernetzte Geschäftsmann da zu stehen, dem noch dazu die Gesellschaft applaudiert?
Derzeit denke ist, dass wir in dieser Situation sind. Nichts bleibt ewig, alles ist in Veränderung. Hoffentlich schreitet eine Veränderung zum Besseren und zur ethischen Entwicklung der Bevölkerung bald voran.
Über die Autorin:
Mag.art Sonja Henisch, in Wien geboren.
Dipl. Pädagogin, Studium mit Diplomabschluss an der Hochschule für Angewandte Kunst, Zahlreiche –Ausstellungen im In-und Ausland, Zahlreiche Textveröffentlichungen in Anthologien, 2012 Roman „Die Wogen der Drina“, 2014 Roman „Theodora oder die Quadratur des Seins“, 2017 Kinderbuch Jan und Wuschelinchen, 2020 Lyrikband mit dem Titel „Magie der Spirale“, 2022 Roman „Bösenstein“. Bild und Textveröffentlichungen in der Zeitschrift für Kunst, Literatur und Menschenrechte „Pappelblatt“ Redaktionelle Mitarbeit, Bildnerische Arbeiten befinden sich im öffentlichen und privaten Raum. Mitglied des Österr. PEN Clubs, Mitglied IG Autoren, Mitglied Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs, Mitglied bei ÖSV