Die Geschichte

Blickpunkte ist eine vier Mal im Jahr erscheinende Zeitschrift, die erstmals 1993 als „Magazin für Häfnkultur und Menschenrechte“ erschien.

1993 gründeten Insassen der Justizanstalt Mittersteig eine vierseitige Zeitschrift namens „Mittersteig-News“, die ausschließlich zur Information der dort Untergebrachten diente. Sie entstammt somit einer „totalen Insititution“. Die ersten Ausgaben erschienen in einer Auflage von lediglich ein paar Exemplaren. Ab 2004 erfolgte die Produktion der in „Blickpunkte“ umbenannten Zeitschrift mit Unterstützung des Justizwache-Kommandanten, Rudolf Karl. Er sah in der Zeitschrift auch eine sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeit für die Untergebrachten.

War die Zeitschrift zunächst ausschließlich für die Insassen konzipiert, wurde sie ab 2011 zusätzlich online einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Da die Zeitschrift bis 2016 ausschließlich von Insassen geschrieben wurde, war die Redaktion laufend mit Zensurversuchen konfrontiert und durch beschränkte Recherchemöglichkeiten behindert. So wurde „in jedem Einzelfall genau geprüft, ob und wie einem Häftling Zugang zum Internet gewährt wird“, also jenem Werkzeug, das zur Grundausstattung journalistischer Tätigkeit gehört. Trotz dieser Einschränkungen gelang es den auch als „Haftreporter“ bezeichneten Redakteuren, beachtliche Reportagen und Interviews zu veröffentlichen.
2015 erhielten die Blickpunkte die „Ehrende Anerkennung des Prof. Claus Gattererpreis“.

Verleihung des „Prof. Claus Gatterer-Preis 2015“ im Oberbank Donau Forum in Linz.
v.l.n.r.: ÖJC-Vorstand Harald Vaca, ÖJC-Vorstand Oswald Klotz, ÖJC-Vizepräsident Peter Baminger, Südtiroler Landesrat Philipp Achammer, Gatterer-Preisträger 2015 Dietmar Telser, Herausgeber „Blickpunkte“ (Ehrende Anerkennung) Rudolf Karl, „Blickpunkte“-Chefredakteur Markus Drechsler, Landeshauptmann Josef Pühringer, ÖJC-Präsident Fred Turnheim und ÖJC-Vorstand Nina Bayer.

Mit der Übernahme der Zeitschrift durch den Verein „SiM – Selbst und Interessensvertretung Maßnahmenvollzug“ im Jahr 2016 änderte sich die Organisation grundlegend. Zeitgleich mit der Loslösung der Gefängniszeitschrift aus der Justizanstalt Mittersteig und damit aus dem Justizsystem erließ das Bundesministerium für Justiz einen Erlass, der es Justizmitarbeitern künftighin untersagt medienrechtliche Funktionen bei Gefängnismagazinen zu übernehmen.
Der Verein wurde von vormals Untergebrachten, ihren Angehörigen und weiteren Menschen aus der Zivilgesellschaft gegründet. Seit seiner Gründung fungierte mit Markus Drechsler ein ehemals vom Maßnahmenvollzug Betroffener und Redakteur der ersten Stunde als Vereinsobmann der in dieser Funktion auch Herausgeber der „Blickpunkte“ ist.

Im Lauf der über 25 jährigen Geschichte hat sich das Aussehen der Zeitschrift mehrfach gewandelt. Ab dem Jahr 2011 konnte durch redaktionellen Zuwachs das Layout zunehmend professioneller gestaltet werden. Zuletzt wurde die Zeitschrift 2019 einer größeren grafischen Umgestaltung unterzogen. Der Vertrieb erfolgt in Eigenregie. Das aktuelle Logo der Blickpunkte wurde von Alexander Sloyan designt und stellt die verschiedenen und vernetzten Blickpunkte dar.

Die Zeitschrift entwickelte sich zu einem, wie es „Die Zeit“ 2019 ausdrückte, bis heute existierenden „Zwitterwesen: eine Gefängniszeitung ohne Redakteure im Gefängnis.“ Sie sind noch einmal professioneller geworden, selbst wenn alle Arbeit ehrenamtlich geschieht und neben Druck- vor allem Portokosten gestemmt werden müssen, schließlich erhalten Hunderte Maßnahme-Insassen das Magazin gratis in ihre Zellen geschickt.“
Die Zeitschrift finanziert sich überwiegend aus Aboerlösen, Mitgliedsbeiträgen und Spenden. In kleinen Umfang können auch Einnahmen aus Inseraten lukriert werden

2019 gab es auch eine Feier zum 25-jährigen Bestehen von Blickpunkte. Hier ein paar Impressionen:

Seit 2019 erscheinen in der „Edition Blickpunkte“ Bücher zu Themen des Straf- und Maßnahmenvollzug.

2023 wurde der eigenständige Verein „Blickpunkte – Informationen zum österreichischen Straf- und Maßnahmenvollzug“ gegründet und damit ist das Magazin erstmals selbstständig und unabhängig geworden.

Die Redaktion ist dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserats verpflichtet und hat dessen Schiedsgerichtsbarkeit im Beschwerdeverfahren anerkannt. Zur Redaktion zählen neben dem Herausgeber und Chefredakteur, RedakteurInnen, GrafikerInnen und LektorInnen, die zusammen sämtliche Redaktionsdienste erledigen. Durch ihre Tätigkeiten leisten sie einen Beitrag zur Stärkung der Informationsarbeit im Zusammenhang mit dem österreichischen Straf- und Maßnahmenvollzug. Im Unterschied zu anderen österreichischen Printmedien, wie beispielsweise Tageszeitungen, werden die Redakteure nicht nach Ressorts oder Geschäftsbereichen eingeteilt.


Chefredakteure
Rudolf Karl, 1994–2016
Markus Drechsler, 2016–2018
Anna Karrer, 2018–2021
Markus Drechsler, ab 2021


Herausgeber
Justizanstalt Wien-Mittersteig 1993-2016
Verein SiM 2016-2022
Verein Blickpunkte seit 2022


Auszeichnungen
2015: Ehrende Anerkennung des Prof. Claus Gatterer-Preises für sozial engagierten Journalismus


Wissenschaftliche Arbeiten zu Blickpunkte

2019
Magisterarbeit „Eine Flucht mit Worten – Die österreichische Gefängniszeitschrift Blickpunkte“ von Cordula Puchwein, Universität Wien, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft

2020
MA Dissertation „Reporting from both sides of the bars. Prison Journalism; a peace-journalistic tool“ von Sarah Yolanda Koss, Aristotle University of Thessaloniki, MA in Digital Media, Communication and Journalism, Department of Conflict and Crisis Journalism